Fragen Sie Frau Erna!
Sehr geehrte Frau Erna,
ich weiß nicht mehr ein und aus. Meine Freunde sagen zwar, dass das eh immer so ist, aber das stimmt gar nicht, weil sonst ist es nämlich umgekehrt. Jedenfalls, Sie haben ja sicher gehört, dass jetzt wieder die linken Hetzer alle über mich herfallen, nur weil ich in einem Zwischenruf im Parlament irgendwelche ukrainischen Opfer von einem russischen Massaker verhöhnt haben soll. Ja! Ganz so, als tät es welche geben! Man fasst es nicht. Wie hier wieder einmal Wahrheit und Anstand auf meine Kosten vom System mit Stiefeln getreten wird, das spottet jeder Beschreibung. Ich meine, glauben diese Leute, dass solche Beschimpfungen an mir abprallen? Ich bin nämlich sehr sensibel! Und ich bin so arm! In jeder Beziehung!
Traurig
Dagmar Belakowitsch, Wien
Sehr entehrte Frau Belakowitsch,
ich kann Ihre letzten beiden Sätze nur unterschreiben! Sie beweisen mit jeder einzelner Ihrer – mitunter menschlicher Sprache gar nicht unähnlichen – Lautentäußerungen, wie schade es ist, dass die blau-schwarze Koalition mit Ihnen als Gesundheitsministerin nicht zustande gekommen ist. Denn es gibt mit Sicherheit kaum jemanden in diesem Land, der über Gesundheit – bzw. deren zumindest partielle Abwesenheit – so gut Bescheid weiß wie Sie. Aber auch der Verlust des fast schon sicheren Amtes bremst Sie nicht, Sie setzen Ihre wissenschaftliche Agenda weiter fort – und lassen sich jetzt auch von ein bisschen wehleidigem Gegenwind doch wohl hoffentlich nicht stoppen. Forschen Sie bitte weiter! Es gibt sicher noch eine Welt unterhalb des Bodensatzes! Und um mit Ihrem Bruder im Geiste Donald Trump zu sprechen: Drill baby, drill!
Toi, toi, toi
Frau Erna
Dear Mrs. Erna,
nach meinem neuesten tollen Deal – nein, nicht mit dem Iran, Kleines! Mit meinem neuen, geschmackvollen Trump-Handy made in the USA und vor allem dem patriotischen Trump-Netz verdien ich mir den Arsch ab, Baby! Und es ist auch total abhörsicher und alles. Weil diesem Khameini verkaufe ich ja natürlich keines. Wladimir hat seines schon. Na, egal. Jedenfalls stellt sich jetzt nur die Frage, was ich mit denen mache, die behaupten, dass das Ding ein chinesisches Billiggerät ist, mit dem ich meinen Fans einfach nur das Geld aus der Tasche ziehen will. Ich bitte um schnelle Antwort, damit ich dann Zeit für Tehodoran habe. Oder wie diese blöde Hauptstadt von denen heißt.
Sincerly
Donald Trump
Dear Mr. President,
das ist wirklich ärgerlich, dass Ihre Gegner nicht aufhören können, Ihnen so etwas ständig vorzuhalten. Es ist doch beileibe nicht das erste Mal, dass Sie sich an Ihren Wählern bereichern. Sie haben gerade 57 Millionen mit Ihrem Meme-Coin verdient und weiß Gott wie viel mit Ihrem Merchandising. Sie klauen doch dauernd auf offener Bühne – und die Menge applaudiert. Und diese miesen Kritiker kritisieren das jedes Mal wieder aufs Neue? Obwohl es keiner mehr hören kann? Das ist zutiefst unpatriotisch. Ein Aufstand quasi. Ich würde vorschlagen, Sie machen, was Sie immer machen. Schicken Sie denen einfach die Marines. Werden ja wohl nicht alle von denen im Iran gebraucht werden, oder?
Fight! Fight! Fight!
Erna
Geschätzte Frau Erna,
wie Sie sich denken können – und wie ich ja auch zum Ausdruck gebracht habe –, bin ich zutiefst erschüttert über den verheerenden Klimaschutzbericht. Das habe ich nun wirklich nicht erwartet. Denn trotz des beinahe schon übermenschlichen Einsatzes, den ich und meine Partei – wie sicher noch allen erinnerlich – in dieser Causa an den Tag
gelegt haben, findet sich darin leider schon wieder ganz prominent ein grauenvolles Wort. Eines, von dem unsere braven Landwirte, deren Weitblick ich bedingungslos teile, eigentlich gehofft hatten, dass sie es nach dem segensreichen Verschwinden Leonore Gewesslers aus der Regierung nie wieder hören müssen: Renaturierung! Ich bin wirklich sehr enttäuscht.
Hochachtungsvoll
Norbert Totschnig, Landwirtschaftsminister
Lieber Herr Minister Totschnig,
ich verstehe Ihre Gefühle. Aber bitte kämpfen Sie unbeirrt weiter! Die Allgemeinheit wird es Ihnen danken.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Frau Erna