Satire

Schilfbürgerstreich

Das Schattenboxen um die SPÖ-Spitze wird wohl mit zwei Siegern enden. Zur Halbzeit: Rendi-Wagner. Und nach dem Schlussgong: Kickl.

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Was war das denn bitte wieder für eine absurde Diskussion? Und vor allem: Wie oft kam die denn noch? Es war doch vollkommen lächerlich, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, Pam könnte nicht die nächste Spitzenkandidatin der SPÖ sein. Fand Pam. Diese ganze unappetitliche Debatte war ja ohnehin wieder nur hochgekocht, weil es die sattsam bekannte Frau Beinschab ganz offensichtlich geschafft hatte, in aller Stille eine neue Karriere zu starten. Und zwar bei den ebenso behände schilf- wie ehrabschneidenden, angeblich auch irgendwie roten Falotten aus dem Burgenland. Wenn bei einer Umfrage herauskam, dass die Bundes-SPÖ mit Doskozil an der Spitze deutlich besser abschneiden würde als mit Rendi-Wagner – was anderes als ein plumpes Fake konnte die denn schon sein?


Nein, der toxische Pannonische würde sicher nicht verhindern, dass Pam ins Bundeskanzleramt einzog. Der nicht – und auch niemand anderer. Pam hatte da nämlich einen Plan. Sie hatte schließlich immer einen Plan. Und der ging so:  Zuerst würde sie irgendwann einmal, in einem wirklich unbeobachteten Moment, Dominik Wlazny auf Knien anflehen, mit seiner Bierpartei bitte, bitte nicht bei der Nationalratswahl anzutreten. Und sie war sehr guter Hoffnung, dass sie ihm das ausreden können würde. Denn der Herr Dr. Pogo war ja vernünftig und anständig. Und wenn sie sich so von Ärztin zu Arzt unterhielten, dann würde er sich vor allem einem Argument kaum verschließen können: dass sein Antreten in Wirklichkeit ja nur dem Kickl nützen würde. (Ganz im Gegensatz zu ihrem eigenen Antreten übrigens. Denn nur sie konnte einen Wahlsieger Kickl verhindern. Das sagten zwar vielleicht keine von Doskozil gefälschten Umfragen – aber ihr Bauchgefühl. Und konnte irgendwer mehr verlangen?)


Und falls der Herr Pogo aber doch noch irgendwie mitmischen wollte, no, dann könnte sie ihm ja in bewährter SPÖ-Manier ein Amterl anbieten. Und zwar dafür, dass im Gegenzug die Bierpartei zur Gänze der SPÖ beitrat. So weit lagen die zumindest einmal ganz rudimentären Zielsetzungen ihrer jeweiligen Volksparteien ja gar nicht auseinander. („SPÖ und Bier? Was Gott vereint hat, soll der Mensch nicht trennen!“, hatte Pam vor zu scherzen, in ihrer bekannt leutseligen Art. Dieser Wlazny hatte ja keine Chance. Er wusste es nur noch nicht.) Und dann sollte er halt Kulturminister werden. Oder irgendwas anderes Mittelwichtiges. Hauptsache, er stand ihr nicht im Weg. 


Und selbst wenn alle Stricke reißen sollten und die Bierpartei doch auf dem Stimmzettel stehen sollte – selbst für diesen demokratiepolitisch zwar bedenklichen, aber bitte! Fall war Pam schon gewappnet. Ein paar Neunmalkluge sahen ja für diese Konstellation schon jetzt voraus, dass dann die FPÖ stimmenstärkste Partei werden würde – weil die Stimmen für die Bierpartei ja nicht zuletzt von der SPÖ kommen würden. Denen konnte Pam natürlich nur kalt lächelnd entgegenhalten, dass sie vollkommen ahnungslos waren. Denn: Die FPÖ würde das ja natürlich auch so schaffen! Aber das machte nichts, denn selbst wenn Pam ruhmreiche Zweite wurde, sprach zum Glück rein gar nichts gegen ihre Kanzlerinnenschaft. Denn es würde dann eine eben neue Koalitionsvariante geben – eine noch nie da gewesene! Die österreichische Weiterentwicklung der deutschen Ampel – das rot-grün-pink-bierige Quartett! 

Das rot-grün-pink-bierige Quartett unter interessanter weiblicher Führung! Ganz Europa würde uns um diese
 Koalition beneiden!

Ganz Europa würde interessiert auf diese erfrischend neue Konstellation mit dieser so ungeheuer charismatischen Frauenfigur an der Spitze blicken. Weil sie klarerweise ein Hoffnungsschimmer sein würde, ein großartiger progressiver Gegenentwurf zur reaktionären Finsternis, die sich ansonsten gerade anschickte, ein europäisches Land nach dem anderen zu verdunkeln. Eine Role Model würde Österreich in der EU sein, jawohl, und zwar endlich einmal eines ohne rechte Schlagseite. Und dann musste man auf der realpolitischen Seite ja auch noch ins Kalkül ziehen, wie ungeheuer stabil diese Koalition nebst allen anderen Vorteilen, die sie mitbrachte, auch noch sein würde! Schließlich würde sie ja auch die allererste überhaupt in Österreich sein, die bombenfest auf gleich vier Beinen stand. Unstürzbar quasi. Dass die vier Beine möglicherweise nicht notgedrungen immer alle gleichzeitig in dieselbe Richtung wollen würden – na und? Bei den Lipizzanern taten sie das ja auch nicht immer. Und was passierte? Die Leute applaudierten genau deshalb!  


Genau so würde es kommen. Und Pam hatte auch alles, was nötig war. Alles, was sie dazu befähigte, die überzeugende Anführerin dieses sozialdemokratischen Revivals zu sein. Es brauchte maximal ein paar kleine Anpassungen. Ein wenig Feinschliff. In der Asylfrage zum Beispiel. Da musste Pam nur von heute auf morgen auf einmal das sagen, was Doskozil sagte. 


Das würde sicher enorm helfen. Und es würde auch niemand irgendwie seltsam finden.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort