Sven Gächter: Das Lachen des Jon Stewart

Sven Gächter: Das Lachen des Jon Stewart

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Als Jon Stewart im Februar bekanntgab, nach mehr als 16 Jahren seinen Job bei der „Daily Show“ zu quittieren, hielten das manche wohl für einen Scherz – wenn auch nicht unbedingt für einen seiner besseren. Am vergangenen Donnerstag machte er Ernst und moderierte die Sendung mit dem irreführend profanen Titel zum unwiderruflich letzten Mal, wobei zwischendurch auch ihm selbst durchaus zum Weinen zumute war. Stewart hatte das traditionsreiche Late-Night-Format anfangs recht brav verwaltet, im Lauf der Jahre jedoch zu einem Hochamt der angewandten Mediensatire entwickelt. Er war zugleich der offiziöse König und umjubelte Hofnarr einer ebenso unterhaltungsaffinen wie liberalen Gegenöffentlichkeit, und was er sagte, hatte Gewicht – weil es gewichtig war, und weil Jon Stewart es sagte. Die Veteranen David Letterman und Jay Leno boten Albereien auf gehobenem Niveau;

Stewart setzte den immer absurderen Auswüchsen des amerikanischen Alltags einen coolen, charmanten, messerscharfen No-bullshit-Esprit entgegen, der, anders als etwa bei Harald Schmidt, nicht in einem alles und jeden verachtenden Zynismus wurzelte, sondern in einer hochpolitischen Intelligenz. Das Lachen, das er provozierte, wirkte im allerbesten Sinn kathartisch. Vor dem Hintergrund einer ernsthaft drohenden Präsidenschaftskandidatur von Donald Trump hat Stewart genau im falschen Moment aufgehört. Andererseits aber auch genau im richtigen: Zu einer Absurdität so epochalen Ausmaßes wäre wohl selbst Jon Stewart nichts Erhellendes mehr eingefallen.

Sven   Gächter

Sven Gächter