Elfriede Hammerl
Elfriede Hammerl

Traumhochzeiten: Schade ums Geld?

Wedding Planner, Hochzeitsvideofilmer – wir haben einen ganzen Geschäftszweig importiert.

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Und wieder eine Ehe geplatzt, die vor wenigen Jahren mit einer Traumhochzeit begonnen hat. Hat an nix gefehlt, seinerzeit. Schlosskapelle, Blumenschmuck, Pferdekutschen, Agape auf eigens gesperrtem Dorfplatz, Blasmusik, blütenstreuende Kinder, was halt so dazugehört. Nachher Festtafel im Festzelt, acht Gänge vom Feinsten, Jahrgangsweine und Champagner. Brautmutter und Bräutigammutter in würdigen Ensembles, die Braut in furchterregenden Massen weißen Verpuppungsmaterials.

Und nun, zwei Kinder später, sind die Treueschwüre Schnee von gestern. Kann vorkommen. Aber irgendwie schade um den Zaster, der für das pompöse Heiratsspektakel draufgegangen ist. Den könnte man jetzt gut gebrauchen, da sich die Frage stellt, wie aus einem Haushalt zwei werden sollen und wie die geschiedene Kindesmutter das absehbare Mehr an Kinderbetreuung finanzieren wird, wenn sie wieder Vollzeit arbeitet. Sechs Monate, sagt die Brautmutter von einst, die die Kosten für die Hochzeit in die Kosten für ein Au-pair-Mädchen umgerechnet hat, mindestens sechs Monate für eine Au-pair-Stelle würden sich ausgehen, wenn wir das Geld noch hätten. 

Also wirklich! Darf man so denken? Wo bleibt da die Romantik? Das Geld steckt eben in unvergesslichen Erinnerungen. Sind die nichts wert?

Eigenartigerweise erinnern sich die Beteiligten gerade an nicht so geglückte Momente. An den Ring, der ihm hinuntergefallen ist, als er ihn ihr anstecken sollte, daran, wie sie beim Hochzeitstanz beschwipst aus der Kurve gewalzt ist, an das kotzende Kind ihrer Schwester, an den Brummschädel vom Schnaps. Selektierendes Gedächtnis halt, wird vielleicht wieder andere Bilder auswählen, wenn der derzeitige Frust abgeklungen ist.

Und nun, zwei Kinder später, sind die Treueschwüre Schnee von gestern.

Trotzdem bleibt die Frage: War’s das wert? Ich stelle sie aus der Sicht mitteleuropäisch sozialisierter Personen, die keiner kulturellen Tradition ausufernder Hochzeitsfeierlichkeiten verpflichtet wären. Dennoch hat sich das Heiraten auch in diesem Kreis – von der schlichten Nachkriegstrauung über das lässige Missachten konventioneller Formen durch die Hippie-Generation – zu einer immer bombastischeren und kostspieligeren Inszenierung entwickelt. 

Nix gegen den Wunsch, seine Liebe offiziell zu besiegeln, sein Glück mit anderen zu feiern, sich einen Fundus an Erinnerungen zu schaffen, von dem man in weniger fröhlichen Zeiten hoffentlich zehren kann – aber wann sind daraus diese zwanghaft ritualisierten Selbstdarstellungen mit dem Charakter einer schweren Pflichtübung entstanden, für die man professionelle Wedding Planner, zweijährige Vorlaufzeiten, sensationelle Locations und Brautjungfern in Brautjungfernkleidern von einheitlichem Pastell braucht, abgestimmt auf die Farbe vom Brautstrauß? 

Woher der Trend kommt, ist offensichtlich, denn alle diese prächtigen Hochzeiten erinnern penetrant an die Heiraterei in US-Filmen. Wir importieren wieder einmal nicht nur amerikanische Bräuche, sondern auch einen amerikanischen Geschäftszweig. Kannten wir vor ein paar Jahrzehnten den Beruf der Hochzeitsplanerin? Den der Hochzeitsfotografin, des Hochzeitsvideografen? Die Locationbetreiber, die Festzeltverleiher, die spezialisierten Cateringunternehmen, die Brautmodenerzeuger:innen – lauter neue Fachleute, die davon profitieren, dass das Heiraten strengen neuen Vorgaben folgt. Wenig betuchte Brautpaare und/oder ihre Eltern verschulden sich inzwischen für eine rauschende Hochzeit. Was für ein Jammer.

Andererseits leben auch immer mehr Paare unverheiratet zusammen, selbst gemeinsame Kinder sind längst kein Grund, sich unters Ehejoch zu beugen. Unters Ehejoch, so sagen sie zwar nicht, aber was sie verweigern, ist genau das: Sie lassen sich nicht einspannen in ein gemeinsames Zuggeschirr, das sie verpflichten würde, zusammen den Alltagskarren durchs Leben und über Schlaglöcher zu manövrieren. Was sie tun, tun sie freiwillig, zwei autonome Personen! Das gefällt mir einerseits zwar, vor allem unter dem Aspekt, dass dabei das Ansehen unverheirateter Mütter und nicht ehelicher Kinder gestiegen ist, aber je älter ich werde, desto skeptischer bin ich in Bezug auf die Freiwilligkeit.

Viele Jahre Beobachtung haben mir gezeigt, dass die finanzielle Freiwilligkeit enge Grenzen hat und dass es auf lange Sicht besser ist, sich auf gesetzliche Bestimmungen verlassen zu können als auf freiwilligen Edelmut. Das Eherecht mag seine Schwächen haben, doch prinzipiell ist es darauf angelegt, den wirtschaftlich schwächeren Teil eines Paares zu schützen. Inzwischen unterliegt zwar auch die nicht eheliche Lebensgemeinschaft einigen Bestimmungen, die verhindern sollen, dass sich eine Person nach dem Ende der Partnerschaft vertschüssen muss wie das Dirndl vom Tanz, aber verheiratet zu sein ist die etwas bessere Variante. Das könnte sich ruhig herumsprechen. Es muss ja nicht unbedingt dazu führen, dass aus dem Akt der Eheschließung ein Geld verbrennendes Super-de-luxe-Spektakel wird. Und solange man nicht davon ausgehen muss, dass der Hochzeitstag schon der schönste im Leben einer Frau gewesen sein wird, ist Heiraten ganz okay.