Weltsparjahr
Beim Geld hört sich die Freundschaft auf. Und so beendet der Budgetprozess auch die Honeymoonphase der frischgebackenen schwarz-rot-pinken Koalition. Nach außen ist die Regierung diszipliniert, es dringen kaum Informationen über die Verhandlungen nach außen. Im Innenleben schaut es anders aus. Es wird gezankt und gestritten. Der Staat hat verlernt, wie sparen überhaupt geht.
Man konnte die letzten Jahre das Gefühl bekommen, Geld sei abgeschafft: Das Geld kam aus der Gießkanne, mit Covid-Hilfen über Energiestützen bis hin zum Klimabonus. Die Politik will dem Volk immer etwas geben – das hat man exzessiv getan. Bei der letzten Nationalratswahl haben Schwarz und Grün dann trotzdem verloren. Jetzt muss die Politik dem Volk etwas nehmen und darauf hat freilich keiner Lust. Noch weniger Freude bereitet es den Regierungsmitgliedern, mit gutem Vorbild voranzugehen. Sie müssen in ihren Ministerien 1,1 Milliarden Euro sparen. Jedes Ressort hat von SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer eine Vorgabe bekommen, wie viel das sein muss – darf aber mit anderen Ministerien der selben Parteifarbe Tauschgeschäfte machen. Wenn also SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler bei sich weniger sparen möchte, kann er etwa seinem Parteifreund Peter Hanke sagen, er möge die Kohle doch bitte in seinem Haus auftreiben. Könnte gut sein, dass sich Hanke deswegen an die Dividenden der Staatsunternehmen ranmachen wird. Es geht also viel um: Wie sehr beschneiden sich die Minister freiwillig selbst – wie sehr tut man es bei anderen. Marterbauer war schlau, den Parteien einen Rahmen zu geben anstatt konkrete Maßnahmen anzuordnen. So sind die Minister in Verantwortung. Einige knechten sich vorbildlich selbst: Allen voran der Finanzminister, der viel sparen will. Auch Kanzler, Christian Stocker, wird von findigen Finanzbeamten für seine Sparambitionen und -Ideen gelobt.
Bittere Selbstreflexion
Dann gibt es andere, die noch immer Schleichwege suchen, um kaum etwas hergeben zu müssen. Wenig überraschend: Das reformresistente Bildungsministerium zum Beispiel. Jetzt könnte man sagen: Was soll man in dem Bereich sparen, man müsste doch investieren! Stimmt: Aber die Schul-Administratoren müssen etwa nicht zwangsweise gut bezahlten Lehrer sein – eine Matura tut’s für das Schreiben von Supplierplänen auch. Das Justizministerium (unter Grünen-Ministerin Alma Zadić finanziell gut ausgestattet) hat offenbar auch Selbstreflexionsbarrieren. Statt zu sparen, will man lieber Gebühren erhöhen. Jetzt könnte man sagen: Wo sollte man auch bei Richtern und Staatsanwälten sparen? Es herrscht tatsächlich Personalmangel. Aber: Viele Verfahren dauern zu lange. Und ein Teil der Wahrheit ist auch: Der elektronische Akt ist noch immer nicht flächendeckend ausgerollt. Für die Effizienz wäre es gut, nicht Kisten an Papier von A nach B bringen zu müssen – auch das hilft, das bestehende Personal besser einzusetzen.
Im Außenministerium von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger gibt es heiße Diskussionen – es geht um die österreichische Kandidatur zum UN-Sicherheitsrat 2027. Allein die Bewerbung ist teuer, die Chancen für Österreich stehen schlecht. Sollte man es dann sogar umsetzen müssen, wird es noch kostspieliger. Man könnte es einfach bleiben lassen? Auch die Vizekanzlerei von Andreas Babler hat Geld-Trennungsschmerzen. Menschlich verständlich: Wer will schon Überbringer schlechter Nachrichten sein? Wer will wie in Bablers Fall den ohnehin oft prekär beschäftigten Kulturschaffenden noch etwas nehmen? Und im Sportbereich: Wer will die Emails von Sportklubs erhalten, die vielleicht keine Förderung mehr bekommen und darum um ihre Existenz kämpfen?
Ja, es ist bitter. Aber je früher und ehrlicher man es durchzieht, desto besser. Desto eher kann sich die Bevölkerung damit abfinden. Ja, vielleicht sogar Verständnis dafür aufbringen. Glaubt man Umfragen, ist Österreich ein Land der Sparefrohs. Sparen wird von einer breiten Mehrheit als wichtiger Wert genannt. Die Sparquote ist hoch wie nie – ja, man leistet sich gerade weniger. Weil die Zeiten sind nicht rosig – das ist angekommen. Sparen hat auch etwas Schönes. Erinnern Sie sich, wenn Sie als Kind am Weltspartag zur Bank gegangen sind? Wie schön das Gefühl war, etwas geschafft zu haben? Ebenso erfüllend ist es, wenn man lange auf etwas spart und es sich dann irgendwann leisten kann. Ja, Österreich macht gerade eine schwierige Phase durch – aber auch nicht das erste Mal in seiner Geschichte. Es wird vorbeigehen, es wird bergaufgehen. Und bis dahin haben die politisch Verantwortlichen auch noch etwas Zeit, ihre Handlungen zu reflektieren. Haushalten zu lernen und die nötigen Kontrollen einzuführen. Damit wir nicht bald die nächste Rechnung präsentiert bekommen.