Bürgermeister Michael Ludwig mit Spaßkanonen
Morgenpost

Bürgermeister: Das wichtigste Amt des Landes

Sie sind Rundum-Dienstleister, Krisenmanager, arbeiten viel und verdienen wenig. Warum wird jemand Bürgermeister?

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Österreich hat 2093 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Für den früheren Gemeindebund-Präsidenten Helmut Mödlhammer ist es „das schönste Amt im Land“. Ihre Bürgernähe ist nicht nur metaphorisch, sondern physisch. Den Bundeskanzler kennt man vom Fernsehen. Der Landeshauptmann tritt vielleicht einmal pro Jahr in der Bezirkshauptstadt auf. Zum Bürgermeister aber kann man mindestens einmal pro Woche in die Sprechstunde, um Anliegen oder Beschwerden zu deponieren – und manchmal auch Drohungen.

Bürgermeister sind in ihrem Wirkungsbereich Alleinentscheider. Was sie tun oder lassen, beeinflusst das Leben ihrer Bürger unmittelbar. Sie sind Bau-, Fund- und Meldebehörde, Vorstand des Gemeindeamts und vertreten ihre Gemeinden nach außen. Nach innen sind sie amtlich befugte Kümmerer: Sie eröffnen Kirtage, Zeltfeste und die Skisaison. Bei Veranstaltungen der Senioren, der Landjugend oder des Kameradschaftsbundes sind sie Ehrengast. Braucht die Feuerwehr einen neuen Spritzenwagen oder die Blasmusik einen Probesaal – der Bürgermeister muss es richten. Sie dienen aber auch als politische Ersthelfer und Krisenmanager, wie die Umweltkatastrophen in Kärnten und der Steiermark zeigten. 

Jüngst geriet der oberste Bürgermeister des Landes in Verruf. Ende Juli stellte Alfred Riedl, ÖVP, sein Amt als Präsident des Gemeindebundes ruhend. Riedl, Bürgermeister von Grafenwörth (Bezirk Tulln), soll an Grundstücksdeals in seiner Gemeinde privat verdient haben. Er selbst betont, alles sei rechtens gewesen.

Bürgermeister-Report

profil nahm die Causa zum Anlass, um sich in seiner aktuellen Covergeschichte den Arbeitsalltag der vielleicht wichtigsten Politiker des Landes anzusehen. Dazu verschickten wir per Mail einen Fragebogen an alle Bürgermeister, 405 von ihnen, also 19 Prozent, antworteten.

Das Ergebnis im Schnelldurchlauf: Die meisten Bürgermeister arbeiten überdurchschnittlich viel. Nicht alle finden die Gagen für ihren Aufwand angemessen. Sie fühlen sich respektiert, auch wenn die Wertschätzung in den vergangenen Jahren zurückging. Sorge bereitet vielen nicht das Amt, sondern die Zeit danach. Denn wird ein Bürgermeister abgewählt, gibt es nur wenig soziale Absicherung.

Auch im Jahr 2023 ist „das schönste Amt im Land“ noch überwiegend Männersache. Gerade einmal zehn Prozent der österreichischen Gemeinden haben eine Bürgermeisterin. Der Trend geht nur langsam nach oben. Schon kleinste Etappenziele werden gefeiert. So jubelte der Gemeindebund jüngst in einer Aussendung, es gäbe in Österreich mittlerweile mehr weibliche Bürgermeister als solche namens Hans und Franz.

Schauen Sie mal wieder im Rathaus vorbei!

Gernot Bauer 

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.