Scheich Mohammed Bin Zayed Al Nayhan in Österreich bei einem Treffen mit dem damaligen Bundeskanzler, Sebastian Kurz.
Morgenpost

Der Weg des Geldes: Von der Wüste in die Alpen

Polit-Krimi im aktuellen profil: Wie einem europäischen Spitzel-Netzwerk gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten gegen Katar und die Muslimbruderschaft kämpft.

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Falls Sie es noch nicht gesehen haben: Das Cover der aktuellen profil-Ausgabe zeigt einen Scheich mit Geldscheinen und Österreich-Adler. Ja, die Alpenrepublik wird geschätzt in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), und das liegt nicht etwa, wie zu Zeiten von Bundeskanzler Bruno Kreisky, an den guten Vermittlerqualitäten.

Im Zentrum der guten Beziehungen steht der Kampf gegen die Muslimbruderschaft, eine im Nahen Osten äußerst einflussreiche sunnitisch-islamistische Bewegung, die von Staaten wie Katar und der Türkei unterstützt wird. Weil Katar der Erzfeind der VAE ist und die türkis-blaue Regierung die Muslimbruderschaft als Bedrohung für das ganze Land verstand (wir erinnern uns an die medienwirksame Razzia gegen vermeintliche Muslimbrüder in Wien, Niederösterreich und der Steiermark), kamen die beiden offenbar auf einen gemeinsamen Nenner.

 

Millionenschwere Schmutzkampagnen

Aus einer schieren Flut von Daten und geheimen Korrespondenzen zeichnen profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer und Chefreporter Stefan Melichar ein erschreckendes Bild. Die VAE haben fragwürdige Islam-Wissenschaftler und einen privaten Nachrichtendienst mit Sitz in der Schweiz für eine millionenschwere Kampagne gegen den „politischen Islam“ eingespannt. Mithilfe der Schweizer Firma „Alp“ wurden Personenlisten angelegt, gegen die Betroffenen dann mitunter Schmutzkübel-Kampagnen lanciert. Bis zu 60.000 Euro pro Person ließ sich Alp dafür bezahlen, „peinliche persönliche Informationen“ wie „das Sexualleben“ oder „laxe religiöse Praxis“ zu finden (Zitate aus der Korrespondenz von Alp mit Vertretern der VAE). Damit wollten die VAE Europa überzeugen: Die Muslimbrüder sind auch für euch ein Sicherheitsproblem.

Zu Personen, die angeblich etwas mit dem politischen Islam oder der Muslimbruderschaft zu tun haben, wurde auch in Österreich fleißig recherchiert. Unter anderem bei einem Institut des früheren Verteidigungsministers Herbert Scheibner (FPÖ, später BZÖ). In dem Institut, das beste Kontakte in die VAE hat, entstanden Akteursanalysen des politischen Islam. Darin kommen auch österreichische Nationalratsabgeordnete, ein SPÖ Gemeinderat und Anna Thalhammer vor – in Verbindung mit Falschbehauptungen. Scheibner sagt, die Dokumente seien nur intern verwendet worden. Ein Wissenschaftler, der von „Alp“ unter anderem dafür angeheuert wurde, Gerüchte zu liefern, soll übrigens auch Teil des „Expertennetzwerks“ des Scheibner-Instituts sein.

Die Nähe zu den Scheichs offenbart sich freilich auch noch auf ganz anderen Ebenen: Die guten Beziehungen zwischen Österreich und den VAE führten den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz im Jahr 2021 zum Kronprinzen von Abu Dhabi, Muhammad bin Zayid al-Nahyan. Die beiden unterzeichneten ein Arbeitsabkommen, das auch den gemeinsamen Kampf gegen „internationale Kriminalität, Extremismus und Terrorismus“ beinhaltet.

Ex-Minister Scheibner ist vor mehr als zehn Jahren aus der Politik ausgeschieden, Sebastian Kurz vor fast zwei Jahren.

Doch die Freundschaft mit den VAE hat offenbar gehalten: Sowohl Scheibner als auch Kurz haben heute beste Beziehungen nach Abu Dhabi.

Siobhán Geets

Siobhán Geets

ist seit 2020 im Außenpolitik-Ressort.