Vor einem violetten Hintergrund sieht man zusammengerollte Geldscheine
Morgenpost

Reiche mag man eben nicht

Über internationale Studien zur Wahrnehmung von Wohlhabenden und die Millionärspersönlichkeit.

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Mal ehrlich, was halten Sie von reichen Menschen?

Wie wir Reiche beurteilen, ist bislang eher wenig erfasst. Was wir wissen, kommt aus internationalen Forschungen zur Armut, selten aber wird das Leben des wohlhabenden Teils unserer Gesellschaft untersucht. Seit 1929 wissen wir, dass Reiche anders sind. F. Scott Fitzgerald schrieb in seinem Werk ''The Rich Boy,'' nämlich: „Let me tell you about the very rich. They are different from you and me.'' Seit 2022 wissen wir zum Teil, wie anders Reiche im Gegensatz zu Normalverdienern sind, denn der Oberschicht wird eine gewisse Millionärspersönlichkeit zugeschrieben, aber dazu später mehr.

Internationale Daten darüber, wie Reiche wahrgenommen werden, gibt es aus 2019. Auch wenn keine Zahlen zu Österreich vorliegen, sind die Ergebnisse aufschlussreich. Die Studien zu Vorurteilen, die es über Wohlhabende gibt, bestätigen, dass Reiche und ganz besonders Superreiche immer stärker ins Visier der Kritik geraten. So hat Rainer Zitelmann, Historiker und Soziologe, selbst wohlhabend, herausgefunden, dass die meisten Deutschen Reiche für Unsympathen halten. Sie werden als egoistisch (62 Prozent), materialistisch (56 Prozent) und rücksichtslos (50 Prozent) beschrieben. Als reich definiert Zitelmann Personen, die mindestens eine Million Euro abseits ihres eigenen Wohneigentums besitzen. Das Austrian Institute of Economics and Philosophy beschreibt Reiche aufgrund dieser Zahlen als verhasste Minderheit. Auch in Frankreich haben Wohlhabende keinen hohen Stellenwert, wenn es um die von anderen wahrgenommenen Persönlichkeitsmerkmale der Oberschicht geht. Neben den genannten Persönlichkeitsmerkmalen werden Reichen zudem Überheblichkeit, Gier und Gefühlskälte nachgesagt.

Gönn dir - nicht

Zitelmann, der die Studien, die in seinem Buch „Die Gesellschaft und ihre Reichen. Vorurteile über eine beneidete Minderheit“, präsentiert, führt die üble Nachrede auf den Sozialneid zurück. Franzosen und Deutsche tendieren eher dazu, Aussagen wie die folgende zu bestätigen: „Wenn ich höre, dass ein Millionär mal durch ein riskantes Geschäft viel Geld verloren hat, denke ich: das geschieht dem recht.“ In jedem Land wurden 1000 Teilnehmer befragt. Die Unterschiede zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Bild von Reichen sind groß. Wenig Neider finden sich nämlich unter den englischsprachigen Befragten- in den USA sind es 20 Prozent, während in Frankreich und Deutschland bis zu 34 Prozent zum Sozialneid tendieren. Laut den Studien hält man Reiche in den USA eher für fleißig, intelligent und wagemutig. Wohlhabenden werden außerdem Einfallsreichtum und visionäres Denken zugeschrieben. Dass die Meinungen international so auseinandergehen, führt Marius Busemeyer von der Universität Konstanz auf den kulturellen Umgang mit Reichtum zurück, wie er in einem Interview mit der Zeit sagt. Laut dem Politikwissenschaftler und Autor des Ungleichheit-Barometers trage man Wohlstand in den USA eher zur Schau.

Millionärspersönlichkeit hilft beim Reichwerden

Aber wie sind Reiche denn jetzt wirklich? Eine 2022 erschienene Studie zeigt, welche Charakterzüge es braucht, um reich zu werden. Dafür wurden 1125 deutsche Hochvermögende befragt. Das Ergebnis: Reiche – zumindest jene aus Deutschland – sind risikobereiter, offener, extrovertierter und gewissenhafter, aber weniger neurotisch als die Allgemeinbevölkerung. Am meisten ausgeprägt finden sich diese Persönlichkeitsmerkmale bei Selfmade-Millionären. Das wohl interessanteste Ergebnis der Studie: Die Eigenschaften sollen auch zum Vermögensaufbau beitragen.

In den Fokus rücken Reiche derzeit auch in der österreichischen Innenpolitik: Die SPÖ will sie stärker besteuern, die Frage der Vermögensverteilung sorgt für hitzige Diskussionen. Was eine solche Steuer (nicht) bringt, lesen Sie in unserer aktuellen Ausgabe, in der wir unter anderem die Frage stellen: Wie reich darf man eigentlich sein?

Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit den Erkenntnissen meiner Kolleg:innen und eine schöne Woche!

 

Karolina Heinemann

hat im Rahmen des 360° JournalistInnen Traineeship für das Online-Ressort geschrieben.