Die Baustelle des "Lamarr" auf der Wiener Mariahilfer Straße.
Morgenpost

Signa: Eine Hauptversammlung und ein Mahnmal des Scheiterns

Bei Signa sollen heute neue Aufsichtsräte und neue Manager übernehmen. Von Signas Immobilienprunk wird bald nichts mehr übrig sein und in den Bauruinen wurden bisher Millionen versenkt.

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„Danke Benko.“ Es ist ein „Danke“ voller Zynismus und Schadenfreude. Riesengroß und in roten Lettern haben es Sprayer auf die Baustellenwand der Bauruine des „Lamarr“ in der Wiener Mariahilfer Straße gesprüht. Der Schriftzug wird immer wieder mit Plakaten überpickt. Dann geht mal jemand daran vorbei und reißt ein Plakat ab. Das „Lamarr“ auf der Wiener Mariahilfer Straße 10-18 sollte das nächste Schmuckstück in Signas Prunk-Portfolio werden. Jetzt ist es eine Bauruine und Leinwand für Graffiti-Tags.

Im Herbst 2024 sollte das „Lamarr“ als siebenstöckiges Kaufhaus mit dahinter liegendem Hotel und Rooftop-Gastronomie auf dem Dach eröffnen. Jetzt wird sogar hier und da über einen möglichen Abriss spekuliert. Auf insgesamt 23.000 Quadratmetern Nutzfläche sollten Nobel-Gastronomen und Luxusmarken einziehen. Jetzt muss die Baustelle vor Vandalenakten geschützt werden. Jährliche Mieteinnahmen zwischen 20 und 24 Millionen Euro wurden den Investoren 2021 in einem „Executive Summary“ versprochen – einer detaillierten Übersicht zum Projekt samt Kosten, Krediten und Einnahmenerwartungen, die profil vorliegt. Jetzt ist die Projektgesellschaft, in der das Lamarr gebündelt war, im Konkurs.

Das Lamarr ist eine von 65 insolventen Signa-Immobilien, übrigens die einzige in Österreich. Der Rest der insolventen Projektgesellschaften befindet sich in Deutschland. Und wie bei allen Signa-Immobilien ist der Schuldenberg enorm und Käufer werden dringend gesucht. Das Lamarr wird mittlerweile von Konkurs-Verwalter Clemens Richter verwertet. Für die meisten anderen Signa-Immobilien sollen ab heute Nachmittag die neuen Vorstände und Aufsichtsräte von Signa Prime Selection und Signa Development Käufer suchen. Das sind die zwei werthaltigsten Gesellschaften im Signa-Reich und sie halten über Projektgesellschaften 110 Immobilien. Allesamt hoch verschuldet wohlgemerkt. 

Zur Erinnerung: Den Gläubigern dieser beiden Gesellschaften wird das gesamte verbliebene Vermögen treuhändisch übertragen – am Ende des Tages bleibt von den beiden Immobilienflaggschiffen von René Benkos Signa-Imperium nichts übrig. Darüber muss der Aufsichtsrat formell noch abstimmen, aber tatsächlich glaubt bei Signa niemand mehr, dass jetzt doch alles anders kommt. Die Verwertung übernimmt dann ein neues Management unter der Aufsicht neuer Aufsichtsräte, die bei der heutigen Signa-Hauptversammlung gewählt werden sollen. Ganz unter dem Motto: alles neu und ohne Altlasten. Das hätten sich Gesellschafter und Aktionäre jedenfalls gewünscht, ist aus deren Kreisen zu hören. 

Wie profil berichtete, haben ja die früheren Aufsichtsräte der Signa Prime und Signa Development angekündigt, ihr Mandat niederzulegen. Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, Ex-Vizekanzlerin und Wüstenrot-Bausparkassen-Chefin Susanne Riess-Hahn, Ex-Raiffeisen-International-Chef Karl Sevelda, Ex-Bank-Austria-Generaldirektor Karl Samstag - René Benko hatte das „Who is who“ der heimischen Polit- und Wirtschaftsszene um sich geschart. Jetzt sollen nicht ganz so schillernde Persönlichkeiten  das Ruder übernehmen. Wie profil aber auch Kurier bereits berichteten, sollen mit dem Sanktus der Aktionäre Karin Exner-Wöhrer, CEO der Salzburg Aluminium AG, und Michael Mitterndorfer, früher beim Immobilien-Unternehmen Amisola, neu in den Aufsichtrat einziehen. Christoph Stadlhuber, der noch Geschäftsführer bei der Signa Holding ist, soll profil-Informationen zufolge heute ebenfalls aus dem Aufsichtsrat ausscheiden.

Neue und alte Vorstände

Wer operativ an die Spitze von Signa Prime und Signa Development tritt, ist zumindest noch ein Weilchen offen. Eigentlich sollte Markus Neurauter neu in den Vorstand der Signa-Development einziehen, Herwig Teufelsdorfer  in jenen der Signa-Prime – sofern die Aufsichtsräte zustimmen natürlich. Sie würden damit Erhard Grossnigg ablösen. Darüber soll der neue Aufsichtsrat demnächst abstimmen, wie zu hören ist.

Offen ist auch der künftige Verbleib von Vorstand Manuel Pirolt. Bei Signa war er viele Jahre lang der Mann für die Zahlen und galt als einer der engsten Vertrauten von René Benko Das rief zuletzt wiederholt Kritik hervor. Gleichzeitig verfügt Pirolt aber über großes – potenziell nützliches – Wissen, was die höchst komplexen Unternehmensverhältnisse anbelangt. Der bisherige Prime- und Development-Sanierungs-CEO Erhard Grossnigg ließ ihn an Bord. Nun wird sich zeigen, wie der neue Aufsichtsrat entscheidet.

Zurück auf die Wiener Mariahilfer Straße: Wer soll einen Rohbau kaufen, der als Luxuswarenhaus konzipiert und so gut wie gar nicht anders genutzt werden kann? Dem Vernehmen nach gäbe es über 30 Interessenten für die stillstehende Baustelle. Darunter sollen auch die thailändischen Miteigentümer, die Central Group sein. Noch rund 260 Millionen Euro an Schulden müssen alleine bei diesem Projekt zurückbezahlt werden. Wie aus Signa-Kreisen zu hören ist, stelle sich hier nicht mehr die Frage, ob, sondern wie viel die Banken hier am Ende des Tages abschreiben müssen.

Nach der Verwertung wird vom prunkvollen Signa-Imperium so gut wie nichts mehr übrig sein. Außer vielleicht noch ein Bauzaun, auf dem „Danke Benko“ steht.

Marina  Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".