Lektion 22: Wenn der Weg auf Wasser baut
Dass die Briten einen kuriosen Umgang mit Wasser haben, ist bekannt. Man kennt die Bilder von Briten, die trotz frostiger Temperaturen im Ärmelkanal ihre Bahnen ziehen. Skandale der privaten Wasserfirmen sorgen regelmäßig für Schlagzeilen. Vielleicht sind Sie beim England-Besuch auch schon am lauwarmen Wasser gescheitert – gibt es aufgrund der zwei Hähne doch nur die Wahl zwischen Eiszapfen oder Brandblase. Und doch brachte das Wasser diese Kolumnistin nun wieder zum Staunen.
Das kam so: Geplant war eine Radtour. Auf dem violetten Alltagsrad ging es durch Seitengassen mit Kuhfladen-großen Schlaglöchern, vorbei an niedlichen Cottages und grünen Parks. So weit, so idyllisch. Doch dann führte der Radweg eine steile Dorfstraße hinab und hörte unvermittelt auf. Nun sagen Sie vielleicht: Na ja, fährt man eben ohne Radweg weiter. Das hätten wir gerne getan. Doch leider bot sich vor unseren Füßen weder Asphalt noch Grasfläche, sondern die schunkelnde Oberfläche des Flusses Hamble. Hatten wir ein Schild falsch gelesen? War die Route veraltet? Sollten wir umkehren?
Quietschpink und leicht rostig
Und dann sahen wir sie. Quietschpink und leicht rostig kam sie auf uns zu: die Passagierfähre. 2 Pfund für die Überfahrt, 50 Cent für das Fahrrad. In jenem Land, in dem die Dampflok erfunden wurde und der erste Flug stattgefunden hat, gibt es immer noch Hunderte Fähren, die Passagiere zu Fuß, am Rad oder im Auto über Gewässer setzen. Auf dem Fährboot zum Anhalten gezwungen, kann man sich nur treiben lassen, beobachten, innehalten. Manchmal ist der britische Umgang mit Wasser vielleicht doch nicht so verkehrt.