Attentat in Wien 2020

Held der Terrornacht darf weiterhin nicht Österreicher werden

Kein Happy End für Osama Abu El Hosna: Die Behörden verweigern ihm weiterhin die Staatsbürgerschaft.

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Osama Abu El Hosna darf nicht Österreicher werden. Widerspruch ist zwecklos. Diese Erfahrung muss ausgerechnet jener junge Mann machen, der am 2. November 2020 als „Held der Terrornacht“ von Wien bekannt wurde. Unter Einsatz seines Lebens hatte Abu El Hosna einen angeschossenen Polizisten am Schwedenplatz in Sicherheit gebracht und dafür eine Auszeichnung von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig erhalten.

Seit 2013 lebt der 25-Jährige als anerkannter Flüchtling in Wien, ist verheiratet, spricht fließend Deutsch, hat einen Job. Als gebürtiger Palästinenser ist er staatenlos. Im September 2020 beantragte er die österreichische Staatsbürgerschaft. Doch wie profil berichtete, teilte ihm die für Einwanderung und Staatsbürgerschaft verantwortliche Wiener Magistratsabteilung 35 (MA 35) am 21. Dezember 2022 mit, seine Einbürgerung sei „derzeit nicht möglich“.

Ein schriftlicher Widerspruch seiner Anwältin Muna Duzdar vom 31. Jänner 2023 blieb erfolglos. Am 16. Februar wies die MA 35 seinen Antrag erneut ab.

Hintergrund der ersten Ablehnung ist ein mit 14. Dezember 2022 datierter, nur wenige Zeilen langer Bericht des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) an die MA 35. Darin ist festgehalten, Osama Abu El Hosna würde „nach wie vor im Umfeld der terroristischen Gruppierung Hamas in Erscheinung“ treten, eine Verleihung der Staatsbürgerschaft daher „eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich“ darstellen.

Falscher Verdacht

Osama Abu El Hosna war im Zuge der Operation Luxor, der Großrazzia gegen die Islamisten-Szene im November 2020, von der Staatsanwaltschaft Graz verdächtigt worden, Spendengelder zur Hamas weitergeleitet zu haben. Allerdings stellte das Landesgericht für Strafsachen Graz das Verfahren ein.

Seine Anwältin Muna Duzdar sah im LVT-Bericht daher reine Willkür und forderte in ihrer Stellungnahme gegenüber der MA 35 vom 31. Jänner, das LVT möge seine Ermittlungsergebnisse konkretisieren. Die MA 35 stellte daher eine weitere Anfrage an das LVT Wien. Der zweite Bericht der Verfassungsschützer vom 3. Februar umfasst immerhin eineinhalb Seiten. Die zentrale Aussage ist dieselbe: Es bestehe weiterhin der Verdacht, „dass der Staatsbürgerschaftswerber – wenn auch im Augenblick nicht strafrechtlich relevant – ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung“ habe.

Doch wie soll ein 25-Jähriger von Wien aus die Hamas „augenscheinlich bewusst unterstützen“, wie der Bericht behauptet? Verdächtig sind aus Sicht des LVT Abu El Hosnas Kontakte zum Verein „Rahma Austria – Unterstützung von Familien in Not“. Der Verein verfügt über das Spendengütesiegel und steht auf der Liste spendenbegünstigter Einrichtungen des Finanzministeriums. Laut seinem Jahresbericht 2021 finanziert „Rahma Austria“ unter anderem Bildungsprojekte für Flüchtlingskinder im Libanon, den Bau von Brunnen in Bangladesch und Lebensmittelpakete für Palästina. In Österreich spendete „Rahma“ (arabisch für „Barmherzigkeit“) für Frauenhäuser und das St. Anna Kinderspital.

Doch das Wiener LVT vermutet hinter „Rahma Austria“ mehr als nur einen karitativen Verein. In dessen Umfeld würden sich „in Österreich ansässige mutmaßliche Aktivisten der Hamas“ bewegen. Und zu diesen hätte Abu El Hosna „mehrmals persönlichen Kontakt“ gehabt. So sei ihm „im Zuge einer Veranstaltung von diesen Personen eine Auszeichnung überreicht“ worden. Am Schluss des LVT-Berichts heißt es: Es könne „keine Gewähr erblickt werden, dass Osama Abu El Hosna eine zur Republik und deren Gesetze bejahende Einstellung aufweist“.

Anwältin Duzdar ist erbost: Das LVT legt nach wie vor keine neuen Fakten vor, entgegen der bisherigen Behauptung, über eigene Ermittlungsergebnisse zu verfügen. Gerichtliche Entscheidungen werden ignoriert. Für eine Nähe zur Hamas gibt es keinen Beleg.

Fotobeweis?

Laut profil-Informationen soll das LVT seine Analyse auf ein Foto stützen, das Abu El Hosna mit einer Person zeigt, die dem islamistischen Milieu zugeordnet wird. Dazu Duzdar: „Nach seiner Tat in der Terrornacht erhielt mein Mandant viele offizielle Ehrungen, vom Bürgermeister, von der Landespolizeidirektion Wien, vom Österreichischen Roten Kreuz und von der Vertretung Palästinas in Österreich. Andere Veranstaltungen mit Palästinensern gab es nicht. Aber viele Menschen wollten ein gemeinsames Foto mit ihm. Wenn auf einem dieser zig Fotos jemand abgebildet ist, der aus Sicht des LVT verdächtig ist, kann das wohl nicht meinem Mandanten zum Vorwurf gemacht werden.“

In ihrer Begründung der neuerlichen Ablehnung des Einbürgerungsantrags führt die MA 35 neben dem Bericht des LVT auch harmlose Verkehrsdelikte an: Geschwindigkeitsübertretung, Missachtung von Parkverboten und mehrfach Parken in Kurzparkzonen ohne gültigen Parkschein. Laut MA 35 sei „besonders negativ zu werten, dass die Verwaltungsübertretungen nach der Antragstellung begangen wurden“. Ein „derartiges Fehlverhalten“ würde in „die Beurteilung des Gesamtverhaltens nachteilig miteinfließen“. Allerdings war es nicht Osama Abu El Hosna, der die Verkehrsstrafen verursachte, sondern dessen Vater. Osama hat keinen Führerschein, das Auto war nur auf ihn angemeldet – worüber die Behörden von Anwältin Duzdar schon zuvor informiert worden waren.

Diese will die Ablehnung des Antrags auf Einbürgerung nun beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfen. Und da ihr Mandant durch den Bericht des LVT Wien wirtschaftlich geschädigt werde, plant Duzdar, zusätzlich eine Amtshaftungsklage gegen den Bund einzubringen. 

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.