Bürgermeisterkandidat Hannes Anzengruber (Ja - Jetzt Innsbruck), Bürgermeister Georg Willi (die Grünen) anlässlich der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl Innsbruck, am Sonntag 14. April 2024, in Innsbruck.
Tirol

Innsbruck-Wahl: Grün, bürgerlich und zerstritten

Die Tiroler Landeshauptstadt hat einen neuen Gemeinderat gewählt. Grüne und ÖVP-Abspaltung gewinnen, Ex-Staatssekretär Tursky und FPÖ verlieren. Willi und Anzengruber in der Stichwahl.
Eva  Sager

Von Eva Sager

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Wie heißt es so schön: „Tirol isch lei oans“. Für die Innsbrucker Politik gilt das wohl nicht, die war in den letzten Jahren alles andere als „oans“. Seit der Gemeinderatswahl 2018 wurde im 40-köpfigen Gemeinderat der Landeshauptstadt primär eines: gestritten. Von den elf Listen hat sich beinahe jede größere Fraktion gespalten, die Koalition des Grünen Bürgermeisters Georg Willi platzte. Man könnte zusammenfassen: „Innsbruck isch lei uneinig“.

Nun, sechs Jahre später ist es vielleicht ein wenig übersichtlicher. Am 14. April hat die Tiroler Landeshauptstadt einen neuen Gemeinderat und Bürgermeister gewählt. 100.564 Uhr Wahlberechtigte, 154 Sprengel, 13 Listen, 30 Grad. Das vorläufige Ergebnis:

Auf Platz eins schafften es widererwarten die Innsbrucker Grünen rund um den amtierenden Bürgermeister Georg Willi, knapp gefolgt von der Liste JA des Ex-ÖVP-Vizebürgermeisters Johannes Anzengruber, der dieses Mal unabhängig von der ÖVP kandidierte. Die FPÖ erreichte den dritten Platz, verlor im Vergleich zu den letzten Gemeinderatswahlen aber drei Prozentpunkte, gefolgt von der SPÖ mit leichten Zugewinnen. Der große Wahlverlierer ist Ex-Staatssekretär Florian Tursky, der mit dem bürgerlichen Bündnis „Das Neue Innsbruck“  angetreten war. Er blieb mit 10,2 Prozent weit abgeschlagen.

Heuer galt es in der Tiroler Landeshauptstadt erstmals eine Vier-Prozent-Hürde zu überwinden. Geschafft haben den Einzug in den Gemeinderat demnach auch die KPÖ, die Liste Fritz und auch die Liste ALI. Die Neos sind darin mit 3,5 Prozent voraussichtlich nicht vertreten.

Willi vs. Anzengruber

Vorbei ist der Wahlkampf aber noch lange nicht. 13 Personen hatten sich für den Posten als Stadtchef:in beworben, niemand von ihnen erreichte eine absolute Stimmenmehrheit. Am 28. April wird deshalb noch einmal gewählt. Stichwahl: Georg Willi (Grüne) gegen Anzengruber (JA). 

Willi gibt sich heute gelassen. Er sieht seine Wahlziele erreicht – erster Platz für die Grünen bei der Listenwahl sowie erster Platz in der Bürgermeisterdirektwahl. Dass die Grünen Verluste hinnehmen mussten, stört ihn nicht sonderlich: „Ich habe mich selten über ein Minus so gefreut“. Sein Ziel: Wieder Bürgermeister werden und eine „Fortschrittskoalition“ initiieren. Wen er dafür genau im Blick hat, will er nicht sagen.

Der ehemalige Almwirt und ÖVP-Abspalter Anzengruber ist ihm da nicht unähnlich. Das heutige Ergebnis ist für ihn „gewaltig“, das Rennen um den Bürgermeistersessel „sehr knapp“. Über etwaige Sondierungen oder Koalitionen wollte er sich am Wahlabend noch keine Gedanken machen.

Sowohl eine mitte-rechts Koalition aus JA, FPÖ und Tursky als auch eine linke Koalition zwischen Grüne, SPÖ und KPÖ haben derzeit keine Mehrheit. Eine Zusammenarbeit zwischen Grüne, JA und SPÖ wäre laut Willi nicht ausgeschlossen.

Eva  Sager

Eva Sager

seit November 2023 im Digitalteam. Schreibt über Gesellschaft und Gegenwart.