Social Media

Impressumspflicht: Nicht einmal Digitalisierungsstaatssekretär hielt sich daran

Auf den Social Media-Profilen von Politikern sollte ein Impressum angeführt werden, hält der Rechnungshof fest. Viele Politiker:innen halten sich jedoch nicht an die Pflicht.

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Die Wiener SPÖ-Stadträtin Ulli Sima will nicht, dass in den Kommentaren unter ihren Social Media-Beiträgen zu viele Emojis gepostet werden. Das hat die Wiener SPÖ-Stadträtin in einer recht umfassenden Netiquette-Auflistung auf Facebook festgehalten: „Emojis sind eher für den schriftlichen Austausch mit Freunden gedacht. Daher wohl dosiert benutzen“, heißt es da. So umfassend dieses Regelwerk ist, so nachlässig ist Sima in puncto Offenlegung. Zwar ist die Mobilitätsstadträtin auf ihrer Facebookseite als Medieninhaberin eingetragen und führt eine Erklärung über die grundlegende Richtung gemäß dem Mediengesetz an, auf ihrer Website www.ullisima.at fehlen diese Angaben aber gänzlich.

Ulli Sima ist nicht die einzige, die in puncto Impressumspflicht schleißig ist. 

profil hat sich die Impressen aller Landesregierungsmitglieder sowie jene der Bundesregierung inklusive der Staatssekretär:innen in den Sozialen Medien und auf ihren Websites angesehen. Auf den Websites führen die Politiker:innen zwar fast alle – mit der Ausnahme von Ulli Sima – ein Impressum an. Auf Social Media sind die Politiker:innen deutlich nachlässiger.

Auf Instagram und Twitter verzichtet der Großteil der Politiker:innen auf ein Impressum. Auch auf Facebook wird die Impressumspflicht mehrfach verletzt. Zum Zeitpunkt der Recherche führten beispielsweise weder der ehemalige Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky, der niederösterreichische Sicherheitslandesrat Christoph Luisser (FPÖ) oder die Kärntner Landesrätin Sara Schaar (SPÖ) ein Impressum auf Facebook an. Das Büro Luisser bedankte sich auf profil-Anfrage für den Hinweis, man werde der Sache nachgehen. Ebenso die Kärntner Landesrätin Schaar, die ihr Impressum mittlerweile nachgetragen hat. Florian Tursky, der derzeit Bürgermeister in Innsbruck werden will, hat zwar nicht auf eine profil-Anfrage reagiert, führt aber nunmehr ein Impressum an.

Bereits im Vorjahr – profil berichtete exklusiv – hat sich der Rechnungshof die Social Media Accounts von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), dem oberösterreichischen Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner (FPÖ) und Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) angesehen. Im Rohbericht heißt es unter anderem: „Für Social Media als periodisches elektronisches Medium gilt das Mediengesetz. Gemäß § 24 Abs. 3 haben solche Medien ein Impressum zu enthalten - mit Angabe von Namen oder Firma sowie Anschrift des Medieninhabers und des Herausgebers. [...] Neben den Impressumspflichten müssen auch Offenlegungsverpflichtungen gemäß § 25 Mediengesetz erfüllt werden [...].“ 

Ein fehlendes oder unvollständiges Impressum ist nämlich kein Bagatelldelikt – sondern kann eine Verwaltungsübertretung nach Paragraf 5 eCommerce-Gesetz und Paragraf 27 Mediengesetz sein. Und ein solcher Verstoß kann mitunter teuer werden: bis zu 20.000 Euro Bußgeld drohen im Extremfall, sagt Nikolaus Forgó, Professor für Technologierecht an der Universität Wien. Anzeigen könne im Prinzip jede und jeder, sagt der Experte, „ein Verstoß ist dann von Amts wegen zu verfolgen.”

Rechnungshofbericht zeigte Mängel auf

Der Rechnungshof kritisiert in seinem Rohbericht aus dem Vorjahr aber nicht nur fehlerhafte Impressen, sondern attestiert auch das Potential zur „Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit“. Das äußere sich unter anderem daran, dass „Bedienstete der öffentlich-rechtlichen Körperschaften parteipolitische Social-Media-Accounts betreuen“. Den Prüfenden war nicht ersichtlich, „ob die jeweiligen Inhalte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der überprüften Stellen und somit Ressourcen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder von der jeweiligen politischen Partei erstellt, bearbeitet bzw. veröffentlicht wurden“.

Die Parteien stellen in der Regel die Regierungsmitglieder und diese agieren meistens in einer Doppelrolle. (...) Wichtig wäre, dass transparent gemacht wird, wer wofür bezahlt und dass öffentliche Ressourcen nicht für offensichtliche Parteizwecke verwendet werden.

Laurenz Ennser-Jedenastik, Professor für Österreichische Politik an der Universität Wien

über den Spagat zwischen Partei- und Regierungspolitik

Auf den Social Media-Kanälen von Bundeskanzler Nehammer wird nach wie vor nicht sichtbar zwischen Regierungs- und Parteiarbeit getrennt. Postings erscheinen dort sowohl im Gewand des Bundeskanzlers – etwa wenn es um Arbeitstreffen im Rahmen der europäischen Migrationspolitik geht – aber auch im Umhang des ÖVP-Bundesparteiobmanns. So finden sich auf Nehammers Social Media-Accounts sowohl Links zu Parteiveranstaltungen wie der Präsentation der ÖVP-EU-Spitzenkandidaten, als auch Bilder und Berichte von Staatsbesuchen, die Nehammer in seiner Funktion als Bundeskanzler bestreitet. 

Dass sich Politikerinnen und Politiker in Regierungsverantwortung immer in einer Doppelrolle befinden, sei prinzipiell „auch gut und richtig so“, hält der Politikwissenschafter Laurenz Ennser-Jedenastik fest, „weil wir als Wähler:innen nur durch Parteien das Regierungshandeln steuern können. Wichtig wäre aber, dass transparent gemacht wird, wer wofür bezahlt und dass öffentliche Ressourcen nicht für offensichtliche Parteizwecke verwendet werden.“

Getrennte Accounts als Lösung?

Auch auf den Accounts von Vizekanzler Werner Kogler finden sich sowohl Postings, die sich klar auf die Regierungsarbeit beziehen – als Sportminister etwa die Eröffnung der Special Olympics in Graz –, aber auch Inhalte, in denen sich Kogler den Hut des Grünen-Chefs aufsetzt. Aber: Koglers Social Media Team kennzeichnet seit Juli 2023 die Postings mit den Kürzeln „BM“ (für die Funktion als Bundesminister; Anm.) und „GR“ (für die Funktion des Grünen Bundessprechers; Anm.). So ist ersichtlich, wer für den jeweiligen Inhalt verantwortlich ist. Aus Sicht des Rechnungshofes reicht das aber nicht. Die Prüfer hatten zwei getrennte Fanpages nach dem Vorbild des deutschen Kanzlers Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagen – eine für den Parteipolitiker, eine für den Amtsträger. Ähnlich sieht das auch Ennser-Jedenastik: „Eine Trennung von Accounts kann sinnvoll sein, vor allem wenn sie dazu dient, die Transparenz zu erhöhen.“

Klare Richtlinien für Regierungspolitiker:innen zum Umgang mit Sozialen Medien gibt es hierzulande nur stellenweise. Im Burgenland, in Oberösterreich sowie in der Stadt Wien bestanden laut Rechnungshof zum Prüfungszeitpunkt „detaillierte Regelungen und Vorgaben für den Umgang mit Social Media, die insbesondere die dienstliche und private Nutzung festlegten.“

Mehr solche Regelwerke wären laut dem Politikwissenschafter Laurenz Ennser-Jedenastik wünschenswert, „auch wenn man in einer Parteiendemokratie Parteienkommunikation und Regierungskommunikation nicht immer sauber voneinander trennen kann.“ 

Zurück zur Öffentlichkeitsarbeit von Ulli Sima (SPÖ). Simas Website sei laut ihrem Sprecher privat und soll „ressortbezogene Beiträge zu Mobilität und Stadtplanung, Innovation, den Wiener Märkten, den Wiener Gewässern (etc.)“ übersichtlich aufbereitet zeigen. Freilich widmet sich die Seite aber nicht den Aktivitäten der Privatperson Ulli Sima, sondern der politischen Arbeit der Stadträtin. Eine Antwort auf die Frage, warum sie auf ihrer Seite kein Impressum anführt, blieb Sima allerdings schuldig. 

Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im profil-Digitalteam. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.