Anna Sporrer, 2. Juli 2025

Justizministerin Anna Sporrer: „Das Verbot ist eine Überschrift“

Wie Justizministerin Anna Sporrer sich selbst entmachten will, wo sie auf Abschreckung setzt und was hinter dem Social-Media-Verbot für unter 15-Jährige steckt.

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Sie lesen zur Entspannung Gesetze. Welches Gesetz sollte man unbedingt lesen?

Anna Sporrer

Die österreichische Bundesverfassung.

Als Ministerin schreiben Sie Gesetze: Nächste Woche stoßen Sie Ihre eigene Entmachtung als Spitze der Staatsanwaltschaften an. Wie sieht Ihr Modell der Bundesstaatsanwaltschaft als oberste Ermittlungs- und Anklagebehörde aus?

Sporrer

Die Bundesstaatsanwaltschaft soll jeden Anschein eines unsachlichen Einflusses auf Ermittlungen beenden. Deshalb haben wir im Regierungsprogramm eine kollegiale Dreier-Spitze festgesetzt. Das verteilt die Last der Verantwortung auf mehrere Schultern – und erschwert Versuche von Einflussnahme. Als Bundesstaatsanwältinnen oder -anwälte in Frage kommen für uns strafrechtskundige Personen, also langjährige Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Strafrichterinnen oder -richter die viel Erfahrung mitbringen.

Laut Ihrem Konzept macht die Regierung gemeinsam mit dem Parlament einen Vorschlag, eine Kommission aus der Justiz wird eingebunden und der Bundespräsident beschließt. Suchen sich dann faktisch ÖVP, SPÖ und Neos einfach drei Leute als neue Bundesstaatsanwaltschaft aus?

Sporrer

Nein. Dass die höchsten Funktionen des Staates über Vorschlag der Bundesregierung an den Bundespräsidenten herangetragen werden, ist ein Grundprinzip unserer Bundesverfassung. Aber wir wollen, dass ein juristisches Fachgremium mit auswählt und das Parlament eingebunden wird.

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Anna Sporrer plant, sich selbst zu entmachten: Die neue Bundesstaatsanwaltschaft soll die Justizministerin als Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften ersetzen. Dann kann die Politik nicht mehr über Einstellung oder Fortführung von Ermittlungen entscheiden. Einig sind sich die Koalitionsparteien schon, dass ein Dreier-Senat an der neuen Spitze stehen soll. Wie dieser aber genau bestellt wird, ist aber noch offen. Geht es nach Anna Sporrer, könnte die rechtliche Grundlage für ihre Entmachtung noch heuer beschlossen werden wenn sie sich mit ÖVP und Neos einigen kann und die Grünen für die nötige Zweidrittel-Mehrheit sorgen.

Wie kann man sich das konkret vorstellen? Das Fachgremium sucht zehn Leute aus und die Regierung wählt daraus drei?

Sporrer

Das sind Details, über die ich noch nicht sprechen kann. Der Ministerratsvortrag schnürt jetzt einmal die wichtigsten Eckpunkte zusammen.

Auch ÖVP und Grüne hatten sich auf einen Ministerratsvortrag zu diesem Thema geeinigt. Das war im Februar 2021. Wann wird die Bundesstaatsanwaltschaft ihren Amtsantritt haben?

Sporrer

Wann genau die ersten Akten auf den Schreibtischen landen, kann ich noch nicht vorwegnehmen. Es muss auch geklärt werden, wo der Sitz der Bundesanwaltschaft ist. Aber ich hoffe, dass wir heuer die legistische Grundlage schaffen.

Zuletzt gab es Kritik für Postenbesetzungen, unter anderem bei Ihrer eigenen Nachfolge am Verwaltungsgerichtshof (VwGH): Die ÖVP nominierte Alfred Posch als Präsidenten, die SPÖ Bettina Maurer-Kober als Stellvertreterin. Verstehen Sie, dass diese Parteipolitik in der Justiz für Kopfschütteln sorgt?

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und mag Grafiken. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.