Club 3

„Integeres Handeln und saubere Politik“

Haftstrafen für Klimakleber? Gerechtigkeit für Heinz-Christian Strache? Und wie geht es in der gebeutelten ÖVP weiter? Im Club 3 gibt Verfassungsministerin Karoline Edtstadler Auskunft.

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Kanzleramtsminister haben einen Wettbewerbsnachteil: Ihnen fehlt ein eigenes Ressort und damit ein Machtapparat, über den sie autonom bestimmen können. Daher sind sie Assistenten des Bundeskanzlers, aus dessen Aufgabenbereich sie Agenden erhalten. Was sie aus ihrem begrenzten Einfluss machen, hängt vom eigenen Geschick ab. Ministerin Karoline Edtstadler ist im Kanzleramt für EU und Verfassung zuständig, zwei vergleichsweise unspektakuläre Bereiche. Allerdings ist die Verfassung so etwas wie die Betriebsanleitung der Republik – wer für sie verantwortlich ist, kann eigentlich überall mitreden: bei Impfpflicht, Neutralität, Tempo 100, Demokratieverdrossenheit, Migration, Inflation, Klimawandel.

Am Freitag war Edtstadler zu Gast im Club 3, dem gemeinsamen TV-Talk von profil, „Kurier“ und „Kronen Zeitung“. Zum Einstieg musste sie über ein Thema reden, mit dem sie wahrscheinlich nicht gerechnet hatte: die Klimakleber, die vergangene Woche den Wiener Frühverkehr behinderten, indem sie ihre Hände auf Zebrastreifen anleimten. Sie verstehe, so die Ministerin, „grundsätzlich das Anliegen“, mache sich aber Gedanken, ob diese Art des Protests und auch andere Formen wie das Beschütten von Gemälden „sinnvoll“ seien. Edtstadlers Parteikollegin, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, will sich mit Fragen nach dem Sinn von Protesten nicht aufhalten.

Sie forderte im Landtagswahlkampf „Freiheitsstrafen für Verkehrsbehinderung“. Und wie sieht das die ehemalige Strafrichterin Edtstadler? So: „Sachbeschädigung“ von Kunstwerken oder Protestaktionen, die „in den Bereich der Nötigung“ hineinragen oder „mit Gewalt“ oder „gefährlicher Drohung“ verbunden seien, sind ohnehin strafbar. Sollten die Straßenblockaden der Klimakleber zum dauerhaften Problem werden, dann, so Edtstadler, „muss man sich schon überlegen, dass man zumindest mit Strafen auch signalisiert, dass das nicht erwünscht ist und nicht geduldet werden kann“. 

Unmittelbar zuständig war Edtstadler für das neue Anti-Korruptions-Paket, das sie mit Grünen-Justizministerin Alma Zadić verhandelte. Im Club-3-Gespräch erwartet sich Edtstadler davon eine schöne neue Welt, in der „integeres Handeln und saubere Politik befördert“ werden. Mit dem neuen Gesetz wird etwa Mandatskauf strafbar – und auch „Vorab-Korruption“, die vorliegt, selbst wenn Amtsmissbrauch nur in Aussicht gestellt wurde. Ob das 2017 auf Video dokumentierte Verhalten von Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache auf Ibiza unter den neuen Regelungen strafbar gewesen wäre, will Edtstadler nicht beurteilen. Konkreter wird sei bei der Einschätzung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Dass diese nach dem letztwöchigen  Freispruch für Strache in einem Gerichtsverfahren wegen Verdachts der Korruption abermals ein Rechtsmittel einlegt, kann sie nicht so recht nachvollziehen.

Das baldige Ende des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses ist aus Edtstadlers Sicht ein guter Anlass, „sich wieder den Dingen zu widmen, die wirklich wichtig sind“. Denn dieser habe teilweise den Charakter eines „Tribunals“ gehabt. Dass das Ansehen der ÖVP gelitten habe, räumt Edtstadler ein. Nun werde man sich bemühen, das Vertrauen der Bevölkerung wiederherzustellen. In die nächsten Wahlen gehe sie „als unverbesserliche Optimistin“. Über ihre zukünftige Karriere verbat sich Edtstadler weitergehende Spekulationen. Aus profil-Sicht gäbe es drei Möglichkeiten: erste ÖVP-Bundesparteiobfrau; nächste österreichische EU-Kommissarin; Landeshauptfrau von Salzburg. Sie sagt: Sie sei „mit Leib und Seele“ Ministerin für Verfassung und Europa. Im Kanzleramt.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.