Gierversuche

Menschen des Jahres: Monika Lindner begab sich ungeniert in die Politik

Menschen des Jahres 2013. Monika Lindner begab sich ungeniert in die Politik

Drucken

Schriftgröße

Vielleicht hat sie auf ihren alten Freund Kurt Bergmann gehört. Der ehemalige ÖVP-Abgeordnete (1979 bis 1990) und frühere ORF-Generalsekretär (1990 bis 1994) gab Monika Lindner im November via profil einen gut gemeinten Tipp: "Mir tut sie leid. Vor ihr liegen fünf Jahre Einsamkeit. Mein Rat an sie: Mach einen Schlussstrich. Gib das Mandat denen zurück, denen es eigentlich gehört, und versuch, deine Freunde, oder zumindest einen Teil davon, wiederzugewinnen.“

Verloren hat Monika Lindner neben Freunden einiges: das Ehrenamt in der Kinderkrebsforschung, die Vizepräsidentschaft beim Roten Kreuz, die Präsidentschaft beim ÖVP-nahen Hilfswerk Austria. Im ORF durchforsten Revisoren alle Geschäfte aus Lindners Zeit als Generaldirektorin (2002 bis 2007) und prüfen insbesondere Aufträge an die Werbeagentur ihres Bekannten Günter Lebisch. Und das ganze Land weiß nun, dass sie eine Pension in Höhe von knapp 10.000 Euro bezieht.

Lindner, die kürzestdienende Abgeordnete der Zweiten Republik, agierte, wie man es sonst vor allem von Uraltpolitiker gewohnt ist: abgehoben, gierig, uneinsichtig. Überzeugt von der eigenen Urteilskraft, begab sie sich in die Politik und kam darin um. Wer als Günstling eine Laufbahn bis in die ORF-Generaldirektion hinlegt, sollte auf den elementaren Grundsatz des Karrierismus nicht vergessen: "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ Und zwar auch nach dem Karriereende.

Jeder wusste, wem Lindner alles verdankt. Nur sie selbst hatte es vergessen, als sie ihre Kandidatur für das Team Stronach bei der Nationalratswahl verkündete. Ausgerechnet von Robert Lugar öffentlich daran erinnert zu werden, muss eine besondere Schmach gewesen sein. Der frühere Klubobmann des Team Stronach erklärte Lindner zur "Speerspitze“ gegen ORF, Raiffeisen und niederösterreichische ÖVP. Lugar ist mittlerweile einfacher Mandatar, Lindner nicht einmal mehr das. Ende November, nach 29 Tagen als Abgeordnete ohne Klubzugehörigkeit, legte sie ihr Amt zurück. Im Abgang zeigte sich die Frau, die im ORF ihre Ruppigkeit mit demonstrativem Stolz exekutiert hatte, wehleidig und beklagte eine "gegen mich geführte Kampagne“.

Tiefere Ursache der persönlichen Katastrophe der Monika Lindner ist ihre Unfähigkeit, allein in einem stillen Raum zu sitzen. In einem Interview hatte die heute 69-Jährige einst gemeint: "Ich gehöre zur Kategorie Schlachtross: Die Hörner erschallen, ich setze mich in Bewegung.“ Wer als ORF-Moderatorin einmal Star-Appeal hatte, wird sich latent immer nach Aufmerksamkeit sehnen. Wer als ORF-Generalin einmal Macht-Appeal hatte, empfindet den Ruhestand als Verschwendung von Talent. "Ein Leben bestehend aus Freizeit kann ich mir nicht vorstellen“, sagte sie einmal. Davon hat Monika Lindner jetzt mehr als genug.

Die Menschen des Jahres 2013:

# Angela Merkel hielt den deutschen Haushalt sauber.

# Frank Stronach sorgte für Erheiterung

# Maria Fekter quasselte sich ins politische Out

# Marcel Hirscher bewies wieder einmal Zug zum Tor

# Matthias Strolz beflügelte den Wahlkampf mit Heilsleere

# Miley Cyrus wurde erwachsen. Oder auch nicht

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.