Filmemacherin Kratz in den 1970er-Jahren

profil-Morgenpost: Schwerarbeit

Guten Morgen!

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Wenn Sie die aktuelle Ausgabe des profil durchblättern, werden Sie auch die Stimmen vieler bemerkenswerter Frauen lesen können. Von der Salzburger Regisseurin Käthe Kratz zum Beispiel, die als erste Frau an der Filmakademie Wien Kamera und Regie studiert und in den 1970er Jahren feministische Pionierarbeit im ORF geleistet hat („Der engste Mitarbeiter des ORF-Generalintendanten sagte tatsächlich zu mir: ‚Solange ich hier sitze, wird in diesem Haus keine Frau Regie führen’“). Im Interview mit den Kollegen Christa Zöchling und Stefan Grissemann erzählt Kratz von Durchsetzungsvermögen und Chauvinismus, von der Bedeutung der Frauenbewegung und wie ihr eine kleine Lüge 1968 zur Aufnahme an der Filmakademie verholfen hat. Die Sekretärin auf der Uni sei davon ausgegangen, erinnert sich Kratz, sie wolle sich für Schnitt inskribieren – damals ein typischer Frauenberuf im Filmgewerbe („Hätte ich gleich gesagt, dass ich Regie oder Kamera machen wollte, hätten in der männlich besetzten Aufnahmejury sämtliche Warnsignale geschrillt“).

Als heute noch typische Frauenarbeit gelten die Berufe im Sozial- und Pflegebereich. Der Großteil der Care-Arbeit ist weiblich. Mehr als 70 der häuslichen Pflege wird von Frauen erledigt, auch in der stationären Langzeitpflege ist das Personal zu 63 Prozent weiblich. Der Job bedeutet oft Schwerarbeit für wenig Geld. Aktuell wird im Sozial- und Pflegebereich um einen neuen Kollektivvertrag gerungen. Am Montag fand bereits die sechste Verhandlungsrunde statt – auch diese ging ohne Einigung zu Ende. Die Gewerkschaftsvertreter der rund 125.000 Beschäftigten im privaten Pflege- und Sozialbereich fordern eine flächendeckende 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Das wäre gleichbedeutend mit einer Lohnerhöhung von 8,6 Prozent. Die Arbeitgebervertreter halten das für nicht finanzierbar, außerdem würde dadurch der Personalmangel verschärft. Schon jetzt suchen Spitäler, Heimträger, mobile Pflegedienste und Tageszentren händeringend nach Arbeitskräften. Auch der Rechnungshof warnt in einem aktuellen Bericht vor einem drohenden Pflegenotstand: Österreich sei auf die Herausforderungen der Zukunft nicht gut genug vorbereitet. Im aktuellen profil berichten mobile Heimhilfen, Pflegeassistentinnen und diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen von ihrem Arbeitsalltag – von ständiger Unterbesetzung und Überstunden, überlasteten Kolleginnen und wenig Wertschätzung.

Dennoch einen schönen Mittwoch!

Christina Pausackl

Was ich gerade lese:

„Normal People“ (2018) von der irischen Schriftstellerin Sally Rooney. Die 29-Jährige gilt als Shootingstar der Literaturszene, für ihren Debütroman „Conversations with Friends“ (auch sehr empfehlenswert) wurde Rooney 2017 von der „Sunday Times“ als „Young Writer of the Year“ ausgezeichnet. „Normal People“ war für den Man Booker Prize nominiert und erzählt von den Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens, von Unausgesprochenem und Missverständnissen, von toxischen Beziehungen, Freundschaft und junger Liebe. Ein Buch, das man anfängt und nicht mehr weglegen will.

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