Niederösterreich

ÖVP und FPÖ präsentieren Arbeitspakt, der "manche irritieren wird"

Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer präsentierten Übereinkunft in St.Pölten. Neue Regierung setzt auf Corona-Fonds und Pflege

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Das Bündnis von Volkspartei und Freiheitlichen nach der Landtagswahl in Niederösterreich steht. Von beiden Landesparteivorständen gab es am Freitagvormittag einstimmig grünes Licht. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer präsentierten am Freitagnachmittag schließlich den Arbeitspakt.

“Es wird viele überraschen, manche irritieren", sagte Mikl-Leitner bei der Pressekonferenz. Scharfe Kritik übte die Landeshauptfrau an der SPÖ. Die sozialdemokratischen Forderungen waren ein "Paket der Maßlosigkeit", so Mikl-Leitner. “Das ist der Grund warum wir heute hier stehen. Das haben wir beide nicht für möglich gehalten", so Mikl-Leitner in Richtung Landbauer. 

“Niederösterreich zuerst, ist der Meilenstein, den wir heute setzen”, so Landbauer. Für Mikl-Leitner ist das umstrittene Bündnis "eine tragfähige Brücke", Landbauer sieht eine "starke freiheitliche Handschrift".

Corona-Fonds und Pflege

Als eine von drei konkreten Maßnahmen, die präsentiert wurden, ist der Corona-Fonds dafür vorgesehen, dass verfassungswidrige Covid-Strafen amtswegig und unbürokratisch zurückgezahlt werden. Es handle sich um eine "umfassende Entschädigung und Rückzahlung", betonte Landbauer. Mikl-Leitner sieht in dem Fonds ein Instrument dafür, die Covid-Gräben zu schließen. Für den FPÖ-Chef werden hier im übertragenen Sinne gar "das große Werkzeug und ordentliche Maschinen" herausgeholt.

Statement von Johanna Mikl-Leitner

Für die "Pflege zuhause" wurde ein eigener Pflegescheck angekündigt. In Kürze vorgestellt werden soll auch ein neues Modell für den Heizkostenzuschuss.

Neues blaue Team

Präsentiert wurde im Landhaus an der Traisen zudem das neue Team der Freiheitlichen. Landbauer wird LH-Stellvertreter, die ÖVP wird das laut Mikl-Leitner bei der konstituierenden Landtagssitzung am Donnerstag ermöglichen. Die Kremser Stadträtin Susanne Rosenkranz wird Landesrätin u.a. für Arbeit. Christoph Luisser, Mödlinger Bezirksparteiobmann und geschäftsführender Gemeinderat in Biedermannsdorf, wird als Landesrat für Sicherheit und Asyl zuständig sein. Letztere Agenda übernimmt er von Gottfried Waldhäusl, der der nächsten Landesregierung nicht mehr angehören wird und in das Amt des Zweiten Landtagspräsidenten wechselt. Als Klubobmann der FPÖ soll künftig Reinhard Teufel fungieren.

Statement von Udo Landbauer

Trotz durchaus konfliktreicher Vorgeschichte seien Landbauer und Mikl-Leitner einen Schritt aufeinander zugegangen, betonte die Landeshauptfrau. "Das ist für uns beide ein schwerer Weg", es sei zuvor gar undenkbar gewesen. Das Motto und Ziel laute nun: "Ernsthaft arbeiten, ehrlich handeln und Niederösterreich weiterbringen auf seinem Erfolgsweg". Es sei eine "tragfähige Arbeitsbeziehung im Sinne des Landes und der niederösterreichischen Landsleute" und "keine Liebesbeziehung".

Keine Liebesbeziehung

Landbauer sah dies ähnlich, betonte, dass "keine Liebesheirat" vorliege. Seine Partei habe "hart und intensiv, aber auch sehr erfolgreich verhandelt". "Es gibt vieles, das uns trennt", hob der angehende Landesvize hervor. Die FPÖ hätte es sich laut ihm einfach machen und - mit drei Regierungsmitgliedern ohne großartige Kompetenzen - den Weg des geringsten Widerstands gehen können. Dafür stehe man aber nicht: "Ich will den anständigen, den fleißigen Weg."

In Bezug auf die ÖVP bleibe er weiterhin bei jedem der Kritikpunkte. Es gebe aber einen klaren Wählerauftrag, "das abzuarbeiten und selbst anzupacken". Man maße sich nicht an, in andere Parteien "reinzuregieren" und erwarte das auch von anderen Fraktionen.

Gemeinsam wolle man Politik für Leistungsträgerinnen und Leistungsträger machen, kündigte Mikl-Leitner an. Für sie sind das u.a. Eltern, Unternehmer und Landwirte. Gleichzeitig müsse aber auch jenen geholfen werden, die "für sich nicht selbst sorgen können" und "von Krisen stark betroffen sind".

Kinderbetreuungsoffensive

Die angepeilte Kinderbetreuungsoffensive werde umgesetzt, das Tageseltern-Angebot attraktiver gestaltet. Kommen soll aber auch eine finanzielle Aufwertung für die Kinderbetreuung im Familienverband. Für neue Abgaben auf Eigentum und eine flächendeckende Lkw-Maut sei im Arbeitsübereinkommen kein Platz, so Mikl-Leitner. Abgegeben wurden von der Landeshauptfrau Bekenntnisse zu Europa und sowie zum Individualverkehr, Landbauer fügte jenes zum Verbrennungsmotor hinzu.

Ein weiterer Fokus gelte der Integration. Es sei wichtig, "dass sich jeder und jede" an "unsere Gesetze hält, unsere Sprache spricht und unsere Werte und unsere Kultur akzeptiert sowie respektiert". Zudem brauche es einen effektiven Schutz der Außengrenzen auf europäischer Ebene. Landbauer möchte in der Grundversorgung - soweit möglich - Geld- durch Sachleistungen ersetzt wissen. Hier wolle man alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Darüber hinaus sollen Staatsbürgerschaften nur mehr "restriktiv vergeben werden". Auf eine Fortführung des bisherigen Weges könnten sich indes die Kulturschaffenden verlassen, betonte Mikl-Leitner.

Das nunmehrige Bündnis sei das Resultat "der Blockade einer Fraktion" sowie "unseres harten Ringens um einen gemeinsamen Weg für Niederösterreich". Gelernt habe man, "dass nicht alles für Einen, sondern Einigkeit in Vielem wichtig ist", sagte die Landeschefin.

Wiener Spindoktoren

Spekulationen über Parallelverhandlungen mit den Freiheitlichen während der Zeit der wochenlangen und letztlich gestoppten Gespräche mit der SPÖ erteilte die Landeshauptfrau eine Absage. Wer meine, "wir hätten diese Situation von Anfang an gemeinsam so geplant", der sei "nicht ganz bei Trost", sagte Mikl-Leitner. "Die Streitereien zwischen der ÖVP und FPÖ sind ganz tief gegangen und die Differenzen zwischen uns waren so groß, dass wir zuerst mit dem Drittplatzierten (der SPÖ, Anm.) in Verhandlungen getreten sind." Das alleine sage eigentlich alles.

Die "Wiener Spindoktoren" in der SPÖ Niederösterreich hätten jetzt "ein veritables Problem" gegenüber ihrer Basis, die Verhandlungen seien von den Sozialdemokraten "als öffentliche Zirkus-Show" gestaltet und genutzt worden. "Ja, für diese Herren war das nur ein Spiel." Gefordert worden sei von den Roten "ein Paket der Maßlosigkeit".