Zoran Zaev, Premierminister von Nordmazedonien
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Ist dieser Mann ein Opfer der EU?

Was der Rücktritt eines Politikers im kleinen Nordmazedonien über die EU als Ganzes erzählt.

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Politische Rücktritte sind in Österreich derzeit Mangelware, aber mancherorts gibt es sie noch. Zum Beispiel in Nordmazedonien, ein Land, das in etwa so viele Einwohner und Einwohnerinnen hat, wie Wien. Dort ist vor wenigen Tagen der Premierminister Zoran Zaev zurückgetreten, ein prowestlicher Reformer und Sozialdemokrat von 47 Jahren. Offiziell zog Zaev wegen einer Wahlschlappe den Hut. Seine Partei erlitten bei der Lokalwahl vergangene Woche schwere Verluste. Das ist aber nur die eine Seite der Geschichte. Denn auch die Europäische Union hat ihren Anteil daran, dass Zaev derart unpopulär geworden ist. 

Eine europäische Affäre

Sie werden sich jetzt fragen: Was juckt mich die Lokalwahl in einem winzigen Land auf dem Balkan? Nun ja: Zaevs Rücktritt ist eine Art europäische Affäre. Sie begann 2017 als Liebesbeziehung und endete vier Jahre später in geplatzten Träumen und nicht erfüllten Versprechungen. Brüssel ermutigte Zaev zu Reformen und versprach im Gegenzug eine Eröffnung der Beitrittsgespräche. Der junge Ministerpräsident mimte den Optimisten und mahnte seine Landsleute zu Geduld, ein hochriskantes Unterfangen, wie man heute weiß. Denn das Versprechen der EU, Beitrittsgespräche zu eröffnen, ist bis heute ausgeblieben.

Und das, obwohl Zaev zu sehr unpopulären Kompromissen bereit war. So beendete er (trotz Widerstand in seiner Bevölkerungen) einen seit Jahrzehnten schwelenden Namensstreit mit Griechenland. Ja, richtig gehört. Um Teil der EU sein zu dürfen, hat Zaev sein Land umgetauft. Von Mazedonien in Nordmazedonien.

Als ob die Sache nicht schon kompliziert (und peinlich) genug war, begann dann auch noch Frankreich auf die Bremse zu treten. Präsident Macron zettelte eine Debatte an: Ob die seit 2003 in Aussicht gestellten Beitrittsgespräche so eine gute Idee seien?

Der nächste Nachbar macht Stress

Als Paris nach monatelangem Tauziehen einlenkte, begann wieder ein Nachbar Stress zu machen, diesmal Bulgarien. Die Regierung in Sofia fühlt sich vom kleinen Nordmazedonien diskriminiert und legte das nächste Veto ein. Beitrittsgespräche sollen erst starten, wenn Nordmazedonien zugibt, historisch und sprachlich ein Teil Bulgariens zu sein.

Ist das absurd? Ja, das ist es. Nur zum Verständnis: Das wäre in etwa so, als müsste Österreich seinen Namen in „Unterösterreich“ ändern, um Teil der EU zu werden und außerdem eingestehen, dass es gar keine eigenständige Nation ist, beziehungsweise seine Bewohner und Bewohnerinnen eine Art italienischen Dialekt sprechen. Wie erklärt man das seinen Wählerinnen und Wählern, ohne als Sündenbock dazustehen? Insbesondere dann, wenn einem die nationalistische Opposition im Nacken sitzt? Eben: Gar nicht.

Für das europäische Projekt ist das ein großer Imageschaden. Viele werden aus dem Rücktritt Zaevs eine fatale Lektion ziehen: Mit der EU lassen sich keine Wahlen gewinnen.

Einen schönen Tag wünscht,

Franziska Tschinderle

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Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.