ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker
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Team Unschuldsvermutung

Die ÖVP und die Justiz: Eine Liebesgeschichte wird das wohl nicht mehr.

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Guten Morgen!

Langsam wird es unübersichtlich. Kaum eine Woche vergeht ohne neue Vorwürfe aus der Justiz gegen hohe ÖVP-Politiker. Zuletzt erwischte es die Nationalratsabgeordnete und – ein blöder Zufall – ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue und Vorteilsannahme auf. Steinacker habe über Jahre ein hohes Einkommen als Raiffeisen-Managerin bezogen, ihre Arbeitszeit aber „beinahe ausschließlich“ der Partei gewidmet. Das sei als „verdeckte Parteispende“ zu werten, meint die Whistleblowerin, die der Staatsanwaltschaft den Hinweis lieferte.

Das türkise Team Unschuldsvermutung wäre mittlerweile groß genug, um bei einem Fußballmatch anzutreten – Ersatzspieler inklusive. Bei der ÖVP fühlt man sich zu unrecht von der Justiz verfolgt. Das parlamentarische Auslieferungsbegehren im Fall Steinacker sei „offensichtlich rein politisch motiviert“, erklärte deren Parteifreund Fritz Ofenauer erbost.

Humoristisch verwertbare Niederlage

Allerdings gibt es keine Indizien, dass die Justiz mit Politikern besonders gnadenlos umspringt. Manchmal geht der Politiker sogar als Sieger vom Platz. Heinz-Christian Strache etwa, ehemaliger Vizekanzler der Republik, hat jüngst Recht bekommen. Die Wiener Wochenzeitung „Falter“ muss wegen eines Artikels im Nationalratswahlkampf 2019 eine Gegendarstellung veröffentlichen. Deren Text im Wortlaut: „Diese Tatsachenmitteilung ist insoweit unrichtig, als Heinz-Christian Strache weder jemals ein Eigenurinamulett noch eine geweihte eiförmige Messingschale in seiner Unterhose zum Schutz bei Auftritten getragen hat“.

Wir gratulieren Herrn Strache zu diesem juristischen Triumph – und den geschätzten Kollegen vom Falter zu ihrer humoristisch gut verwertbaren Niederlage. Manchmal haben beide Seiten was davon, wenn Justitia aktiv wird.

„Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand für etwas verurteilt wird, das er nicht getan hat.“ Das sagt Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger in einem aktuellen profil-Interview. Ein gewisses Vertrauen in die Justiz ist also offenbar auch auf türkiser Seite noch vorhanden.

Einen schönen Donnerstag!

Rosemarie Schwaiger

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Rosemarie Schwaiger