Wahl in 119 Gemeinden
Am 10. März 2024 finden in allen 119 Gemeinden des Bundeslandes Salzburg Gemeinderatswahlen statt. Wie es die Landesverfassung seit 1999 vorschreibt, werden gleichzeitig die Bürgermeister direkt gewählt. Erreicht kein Kandidat die absolute Mehrheit, erfolgt zwei Wochen später, am 24. März, eine Stichwahl – ausgerechnet am Palmsonntag, wenn im ganzen Land Prozessionen stattfinden.
Beim letzten Mal, im März 2019, war eine Stichwahl allerdings nur in elf Gemeinden notwendig, darunter in der Landeshauptstadt. Bei dieser schlug der regierende ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner, der heuer nicht mehr kandidiert, seinen SPÖ-Herausforderer Bernhard Auinger mit 56 zu 44 Prozent. Auch Dankl kandidierte. Im ersten Wahlgang schaffte er es damals mit 2,3 Prozent nur auf den sechsten Platz unter allen Bürgermeisterbewerbern. Damit blieb er hinter dem Ergebnis seiner KPÖ zurück, die in der Stadt auf 3,7 Prozent und ein Mandat kam. Sieger der Gemeinderatswahl war die ÖVP mit 36,7 Prozent, die SPÖ erreichte 26,8 Prozent.
Dankl nahm das Mandat an und verzinste es in den folgenden fünf Jahren mit einer für einen Kommunisten fast unanständigen Rendite: Denn mittlerweile liegt die KPÖ bei 22 Prozent. Dies zeigt eine Umfrage der SPÖ von Anfang Dezember. Die Sozialdemokraten liegen bei 26 Prozent. Dahinter folgen abgeschlagen die ÖVP mit 19 Prozent und die FPÖ mit 16 Prozent.
Auch die Bürgermeisterkandidaten ließ die SPÖ abfragen. Demnach dräut ein Duell: Auinger und Dankl liegen mit jeweils knapp über 30 Prozent gleichauf. In einer Umfrage der Salzburger Volkspartei hat Dankl seine Konkurrenten in der Bürgermeisterfrage sogar abgehängt.
Doppelter Dankl
In seinen fünf Jahren als Ein-Mann-Fraktion im Salzburger Gemeinderat machte sich Dankl als Kämpfer – aus seiner Sicht: als Einzelkämpfer – für leistbares Wohnen einen Namen. Dass er Teile seiner Politikergage verschenkte und darüber die Öffentlichkeit aktiv informierte, verschaffte ihm einen hohen Bekanntheitsgrad, den er auch als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl am 23. April 2023 nutzte. Die Kommunisten schafften mit 11,7 Prozent den Einzug ins Landesparlament. Sensationell fiel das Ergebnis in der Stadt Salzburg aus, wo die KPÖ auf
21,5 Prozent und damit Platz zwei hinter der ÖVP (24,8 Prozent) kam. Seitdem ist Dankl doppelter Mandatar, im Gemeinderat und im Landtag. Eine Wahlanalyse des SORA-Instituts ergab, dass das Hauptmotiv für die KPÖ-Wähler der Spitzenkandidat war. Dankl ist breitenwirksam. Obwohl deklarierter Kommunist, eignet er sich kaum zum Feindbild. Seine Sprache ist gemäßigt, Andreas Babler ist der schärfere Klassenkämpfer. Gemessen an der Rhetorik steht der SPÖ-Vorsitzende links vom Salzburger KPÖ-Vorsitzenden, der auch kein Kommunist von Jugend an ist, sondern seine Karriere bei den Grünen begann.
Die Vertreter von SPÖ und ÖVP hadern mit Dankls Beliebtheit. Auch schwarze und rote Gemeinderäte kümmern sich um wohnungssuchende Menschen – die Fotografen der lokalen Medien interessiert das kaum. Auch schwarze und rote Gemeinderäte werden Väter, erhalten dafür wie Dankl aber keinen eigenen Artikel (Schlagzeile: „Bürgermeisterkandidat wartet auf sein persönliches Christkind“) in der Salzburger „Kronen Zeitung“. So ist die Medienwelt: Ein 35-jähriger Salzburger Kommunist ist interessanter als ein 54-jähriger Salzburger Rechtsanwalt, obwohl Florian Kreibich auch einiges zu erzählen hätte. Der Bürgermeister-Kandidat der ÖVP sitzt seit 2009 im Gemeinderat und muss hoffen, dass sich Dankl, SPÖ-Mann Auinger und die Kandidatin der grünen Bürgerliste, Anna Schiester, gegenseitig die Stimmen wegnehmen, damit er es in die Stichwahl schafft.
Rote Dominanz in Salzburg
Die Gemeinderatswahl im März 2019 war die einzige seit 1945, bei der die ÖVP stärkste Partei in Salzburg wurde. Den Erfolg und den Bürgermeisterjob für Harald Preuner verdankte sie zum einen dem Star-Appeal von Sebastian Kurz und zum anderen dem deplorablen Zustand der SPÖ. Bei allen anderen 15 Gemeinderatswahlen zuvor war die SPÖ stärkste Partei. In Salzburg gab es bisher sieben sozialdemokratische Bürgermeister. Und wenn einmal kein roter Bürgermeister regierte, war die SPÖ selbst daran schuld. Im Jahr 1992 – vor der Direktwahl des Bürgermeisters – wählten drei abtrünnige SPÖ-Mandatare lieber den ÖVP-Politiker Josef Dechant als ihren eigenen Mann zum Bürgermeister.
1999 holte Heinz Schaden das Bürgermeisteramt für die SPÖ zurück. Er war beliebt und unbesiegbar, bis auch er in den 2012 aufgeflogenen Finanzskandal um verspekulierte Gelder des Landes Salzburg verwickelt wurde. 2017 trat Schaden zurück. Das Bürgermeisteramt ging an seinen ÖVP-Stellvertreter Preuner.
Das Barockbild ist also trügerisch: Salzburg ist traditionell rot und sozialdemokratischer als andere Landeshauptstädte in ÖVP-regierten Bundesländern. In Innsbruck gab es noch nie einen SPÖ-Bürgermeister. Der derzeitige Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch ist erst der dritte SPÖ-Stadtchef seit Kriegsende. Auch in Graz stellte die ÖVP insgesamt länger den Bürgermeister als in Salzburg. Nur Linz ist eine größere rote Hochburg. Auch St. Pölten ist streng sozialdemokratisch.
Im Vergleich zu früheren Salzburger Stadtpolitikern ist Dankl ein angepasstes Politik-Bubi. Herbert Fux etwa: Der 2007 verstorbene Schauspieler galt als Bürgerschreck, aber die Salzburger wählten ihn und seine Bürgerliste schon 1977 in den Gemeinderat. 1982 erreichte die Bürgerliste um Fux und den späteren grünen EU-Abgeordneten Johannes Voggenhuber 17,8 Prozent und wurde Teil der Stadtregierung, als erste grüne Partei in Europa überhaupt. Die Bürgerliste stützte sich in ihren Anfängen vor allem auf bürgerliche Milieus der Landeshauptstadt.
Auch Kay-Michael Dankl gelang es bei der Landtagswahl 2023, Stimmen aus dem bürgerlichen Lager einzusammeln. Der Wille von Marx und Engels am Ende ihres Manifests, „die herrschenden Klassen mögen vor einer kommunistischen Revolution zittern“, hat sich in Salzburg nicht erfüllt. Das Gespenst verbreitet keinen Schrecken.