Selma Arapović
Wien

Selma Arapović: Die Michael-Ludwig-Mäßige

Selma Arapović war ein Flüchtling – und wird vielleicht Neos-Vizebürgermeisterin von Wien. Zuvor muss sie noch einen parteiinternen Machtkampf für sich entscheiden.

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Es sei nicht Parteipolitik, die sie politisiert habe, sondern „das Leben“, sagt Selma Arapović. Die Wiener Neos-Politikerin ist 15 Jahre alt, als sie mit Mutter und Bruder ihre bosnische Heimatstadt Višegrad verlässt. Dort herrscht Krieg. Sie glaubt, in zwei Wochen wieder zu Hause zu sein. Seither sind 33 Jahre vergangen. „Was Flucht wirklich bedeutet, versteht man erst nach vielen Jahren“, sagt sie. „All die Erfahrungen gehören zu mir und haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Dankbar kann ich für den Krieg nicht sein, aber ich nehme an, was er mit sich gebracht hat.“

Selma Arapović kennt kaum jemand, sie könnte dennoch die nächste Vizebürgermeisterin Wiens werden. Sie selbst sagt es zwar nicht explizit – sie schließt es aber auch nicht aus. Arapović spricht Sätze wie: „Die Gremien entscheiden, wie die Positionen bei uns Neos in Zukunft verteilt werden.“ Und: „Ich möchte den Gremien nicht vorgreifen.“ Den Politsprech, den es für Spitzenämter braucht, beherrscht sie bereits.

Die langjährige Stadtplanungssprecherin der Wiener Neos, Gemeinderätin seit 2020, genießt über Parteigrenzen hinweg einen ausgezeichneten Ruf. Angehörige anderer Fraktionen attestieren ihr eine „angenehme“, „sympathische“ und „verbindliche“ Art. Sie ist die beliebteste Pinke Wiens. Arapovićs zurückhaltende Höflichkeit sollte man jedoch nicht mit mangelnder politischer Ambition verwechseln.

Nina Brnada

Nina Brnada

Redakteurin im Österreich-Ressort. Davor Falter Wochenzeitung.