Wie ein Team des WDR die Stimmungslage in Österreich erkunden wollte

Dass sich der Kölner WDR ins steirische Kapfenberg verirrt, kommt auch nicht alle Tage vor. Trotz so mancher Sprachprobleme fanden die deutschen Journalisten heraus, dass sich Proponenten der Arbeiterschicht von der türkis-blauen Regierung abwenden und fragten Gottfried Waldhäusl (FPÖ), was er gegen ausländische Hunde hat.

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"So a Politika, wos des sogt, da sull a amoi zwölf Stund schepfn auf da Baustöll. Dann waß er, um wos es geht“, sagt ein Bauarbeiter im tiefsten Obersteirisch zum WDR. Für den Kölner Sender offenbar eine Fremdsprache, immerhin wird den Zuschauern per Untertitel klargemacht, dass es sich bei „schepfn“ um „arbeiten“ und bei „Baustöll“ um „Baustelle“ handelt. Erraten, es geht um den 12-Stundentag und insgesamt um die Sozialpolitik der türkis-blauen Regierung. Die Deutschen hat es in die Industriestadt Kapfenberg verschlagen, um bei Arbeitern und Industrie nachzufragen, was sie von der neuen rechtspopulistischen Regierung in Österreich halten. Und die interviewten Bauarbeiter finden zwar die Ausländerpolitik der Regierung gut, nicht aber die Arbeitsmarktpolitik – immerhin müssen sie bei 36 Grad im Freien "schepfn". Anders sieht das Wolfgang Eder, seines Zeichens Vorstandschef der Voestalpine, die in Kapfenberg gerade ein neues Werk errichtet: „Wenn man sich die bisherigen Maßnahmen ansieht, glaube ich schon, dass damit Voraussetzungen geschaffen werden, die den Standort Österreich langfristig wieder attraktiver machen.“ Eder wird nicht untertitelt, immerhin spricht er ein bürokratisch angehauchtes österreichisches Hochdeutsch, das offenbar auch den Zusehern in Nordrhein-Westfalen zumutbar ist.

„Ein bisschen ein Verrat“

Über mehrere Tage war ein Kamerateam des WDR in Österreich, um sich ein Bild von der Stimmung im Land angesichts der Politik der türkis-blauen Regierung zu machen. Und er versucht zu zeigen, dass die Sympathie für die FPÖ-ÖVP-Regierung im Milieu der einfachen Leute zu schwinden beginnt. „A Kühlschrank darf jo net hin werden. Weil donn wird’s eng“, meint ein Gast in „Charlies Beisl“. Anders als Wolfgang Eders Hochdeutsch muss das Wienerisch der Lokalbesucher für den typischen Westdeutschen wiederum untertitelt werden (obwohl es im Vergleich zum Kapfenbergerischen Gebell vergleichsweise dialektarm ist). Und wie bereits angedeutet, sind auch die Beisl-Besucher mit den arbeitspolitschen Maßnahmen von Türkis-Blau alles andere als zufrieden. Einer meint sogar, dass die Zustimmung der FPÖ zum Sozialabbau „schon ein bisschen ein Verrat an den Wählern“ war – eine Formulierung, die auch nur einem Österreicher einfallen kann.

Heimatbewusster Hundelandesrat

Da es keine Statistik gibt, die die Fernsehumfrage untermauert, bleibt offen, wie repräsentativ die Wortmeldungen der interviewten Herren sind. Wohl aber ergänzt der WDR seinen Bericht mit Einschätzungen des Politikwissenschaftlers Emmerich Tálos, des Falter-Chefredakteurs Florian Klenk und des VinziDorf-Gründers und Pfarrers Wolfgang Pucher – dem Mann, der gerne als "soziales Gewissen Österreichs" bezeichnet wird. Pucher meint: „Man hat jenen, die das Leben schaffen Unterstützung gewährt und damit riskiert, dass andere, die eh schon unter den Rädern liegen, noch mehr unter die Räder kommen.“ Und Tálos konstatiert: „Sehr viele Heimische werden Opfer der Sozialpolitik der Regierung. Insofern ist es eigentlich nur eine Marketing-Strategie, ständig zu sagen, es wird alles besser, nur für die Ausländer nicht.“

Gegen Ende des Fernsehberichts kommt ausgerechnet Gottfried Waldhäusl zu Wort (laut WDR wollte niemand anderer mit dem Sender reden), der als niederösterreichischer Tierschutzlandesrat gegen Hunde aus dem Ausland vorgehen will: „Es wird nicht so sein können, dass wir alle Hunde der ganzen Welt aufnehmen können. Wir haben hier genug Haustiere, die den Platz brauchen“, meint Waldhäusl und wirkt dabei für einen FPÖ-Politiker ungewohnt nervös – vielleicht weil er sich der ungewollten Komik seiner Aussage bewusst ist.