Tatort in Villach

Vier Monate nach dem Attentat: Wie Villach sein Trauma bewältigt

Vor vier Monaten traf ein islamistischer Terroranschlag die Kärntner Stadt ins Herz. Ein junger Villacher starb. Nun hat die Heilung eingesetzt. Doch Graz reißt Wunden auf.

Drucken

Schriftgröße

„Es muss doch einmal eine Ruhe sein.“ Eine Villacherin legt mit ihrem Rad einen Stopp beim zentralen Würstelstand der Stadt ein. Hier geht die Draubrücke nahtlos in die Altstadt über. Was sich am 15. Februar 2025 im Umkreis von wenigen Metern abspielte, daran will sie nicht mehr erinnert werden. Sie radelt über die Brücke und lässt die Szenerie hinter sich, die vor vier Monaten zum Tatort eines Terroranschlags wurde.

Den Beginn des Hauptplatzes markiert ein nachgebauter Pranger aus dem Mittelalter. Vor ihm hockte der 23-jährige Syrer G., nachdem er wahllos auf mehrere Passanten eingestochen hatte. Den Zeigefinger zum IS-Gruß erhoben, grinst er in Richtung der Polizisten, die ihn mit gezückter Waffe festnehmen. Das Foto ging um die Welt. Auf halbem Weg zwischen Pranger und Würstelstand hatte der Syrer den 14-Jährigen Alexander K. erstochen, dann zwei weitere Burschen und zwei Männer zum Teil lebensgefährlich verletzt.

46-213201564

Das erloschene Lichtermeer

An das junge Opfer erinnern nur noch die Wachsflecken eines erloschenen Lichtermeeres. In den Tagen und Wochen nach dem Terror wurde hier kollektiv getrauert. Doch die Eltern von Alexander entschieden sich dagegen, an der Stelle eine permanente Gedenkstätte zu errichten.

Das Wachs wird weichen.

Wie lange trauert eine Stadt? Was kommt danach? Lässt sich der Übergang gestalten? Diese Frage stellte sich in Villach nach dem Attentat vor vier Monaten. Diese Frage stellt sich erneut in Graz nach dem Schulmassaker am 10. Juni.

Clemens Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.