Hofburg-Wahl

Wahltagsbefragung: Bundespräsidenten-Wahl wurde schon vor Wochen entschieden

Jeder Fünfte will nicht selbstgewählten Bundespräsident nicht akzeptieren - Mehrheit für Einbringen des Bundespräsidenten in Tagespolitik - Österreicher seit 2016 pessimistischer geworden

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Die Entscheidung für die Wiederwahl von Amtsinhaber Alexander Van der Bellen ist schon vor mehreren Wochen gefallen, zeigt eine Wahltagsbefragung von SORA/ISA im Auftrag des ORF (1.226 telefonisch und online Befragte, 3. bis 8. Oktober, Schwankungsbreite 2,8 bzw. 3,2 Prozentpunkte). Demnach haben 69 Prozent der Befragten schon vor mehr als drei Wochen entschieden, wem sie ihre Stimme geben. 15 Prozent taten das in den letzten Tagen, 14 Prozent vor zwei bis drei Wochen.

Unter den Frühentschlossenen haben besonders viele ihre Stimme Van der Bellen gegeben (61 Prozent). Unter den Spätentschlossenen war es mit 32 Prozent ebenfalls die Mehrheit, FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz hat in dieser Gruppe mit 25 Prozent mehr Zustimmung als bei jenen, die schon lange wussten, wer ihre Stimme bekommt (16 Prozent).

Stärkste Wahlmotive waren der Befragung zufolge Sympathie (61 Prozent), große politische Erfahrenheit (56) und bisherige gute Arbeit (52). Bei Van der Bellen spielten dabei die Erfahrenheit, bisherige gute Arbeit, eine gute Vertretung Österreichs im Ausland und Sympathie eine besonders starke Rolle. Unter Rosenkranz-Wählern waren die Motive "Gegenpol zum politischen System", "versteht die Sorgen von Menschen wie mir" und Sympathie besonders wichtig.

Nach wie vor akzeptiert die Mehrheit das Wahlergebnis. Der Anteil jener Österreicherinnen und Österreicher, die auch einen Kandidaten als Bundespräsident akzeptieren wollen, dem sie nicht ihre Stimme gegeben haben, geht laut Wahltagsbefragung allerdings zurück (von 80 Prozent 2016 auf 72 Prozent). Gleichzeitig ist der Anteil derer, die einen nicht von ihnen gewählten Präsidenten nicht akzeptieren wollen, gestiegen (8 Prozent stimmen gar nicht zu, 13 wenig; 2016: 4 bzw. 10). Unter Rosenkranz-Wählern geben sogar 38 Prozent (17 bzw. 21 Prozent) an, einen anderen Kandidaten nicht zu akzeptieren.

39 Prozent stimmen der Aussage, dass der neu gewählte Bundespräsident die Regierung entlassen sollte, zu (24 Prozent sehr, 15 ziemlich). Deutlich höher sind die Werte unter Rosenkranz-Wählern (52 Prozent sehr, 21 Prozent ziemlich), wesentlich geringer wiederum bei Van-der-Bellen-Wählern (8 bzw. 9 Prozent).

Nach wie vor plädiert die Mehrheit dafür, dass der Bundespräsident sich laufend in die Innenpolitik einbringen sollte (29 Prozent stimmen sehr zu, 30 Prozent eher; 2016: 24 bzw. 33). Vor allem Jüngere, Menschen ohne Matura und Menschen mit wenig Geld erwarten sich mehr Einmischung. Besonders groß ist der Anteil auch unter Rosenkranz-Wählern (48 bzw. 31 Prozent), deutlich geringer unter Van-der-Belle-Wählern (18 bzw. 27 Prozent). Gleichzeitig ist laut der Wahltagsbefragung weiter mehr als die Hälfte der Befragten der Meinung, dass der Bundespräsident seine politischen Vorstellungen der Mehrheit im Parlament unterzuordnen hat (28 Prozent sehr, 29 Prozent ziemlich; 2016: 24 bzw. 32).

Insgesamt sind die Wählerinnen und Wähler seit der letzten Bundespräsidenten-Wahl pessimistischer geworden. Für fast zwei Drittel der Befragten hat Österreich sich in den vergangenen Jahren negativ entwickelt. 2016 sagte das noch rund die Hälfte. Unter Nichtwählern, Frauen, in der Altersgruppe der 30- bis 59-Jährigen und bei Menschen, deren Einkommen kaum zum Leben ausrecht, sehen sogar mehr als sieben von zehn eine negative Entwicklung in Österreich. Unter Rosenkranz-Wählern sind es sogar 81 Prozent, unter Van-der-Bellen-Wählern 47 Prozent. Insgesamt sind nur 15 Prozent der Befragten mit der Politik zufrieden (2016: 19), 42 Prozent enttäuscht (2016: 40). Unter den Van-der-Bellen-Wählern liegt der Anteil Enttäuschter bei 42 Prozent, unter Rosenkranz-Wählern bei 35 Prozent. Rosenkranz hat unter den Verärgerten besonders gut abgeschnitten (29 Prozent), Van der Bellen hatte aber auch in dieser Gruppe die Mehrheit (57).