Wien Margareten
Wien-Wahl

Wiener Bezirke: SPÖ hält FPÖ besser in Schach als die Grünen

In Summe blieb bei der Wien-Wahl sowohl auf Bezirks- als auch auf Gemeinderatsebene alles beim Alten. Ausgerufene Duelle mit der FPÖ gab es keine, politischer Druck kam trotzdem von Blau, denn alle wollen mit Rot koalieren.

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Ein Bus und eine Straßenbahn voll mit Menschen machten den Unterschied: Nur 280 Stimmen Unterschied haben im fünften Wiener Gemeindebezirk (Margareten) einen Machtwechsel gebracht. Die SPÖ hat den Bezirk an die Grünen verloren, die künftig den Bezirksvorsteher stellen.

In Ermangelung von Umfragen auf der Wiener Bezirksebene, wurde im Vorfeld der Wahl eher unbedarft darüber spekuliert, in welchen Bezirken es knapp werden könnte. Als rot-blaue Battlegrounds galten die Flächenbezirke Simmering – hier siegten die Blauen bereits 2015 – und Floridsdorf, der Heimatbezirk von Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig. Als türkis-grüne Kampfzone galt dagegen die Josefstadt.

Es kam anders: Die Amtsinhaber – also die SPÖ in Simmering und Floridsdorf sowie die Grünen in der Josefstadt – feierten einen ungefährdeten Sieg.

Knapper ging es dagegen in den inneren Bezirken zu, hier duellierte sich die SPÖ mit den Grünen. Beinahe wäre nicht nur Margareten gekippt.

Die Duelle auf Bezirksvertretungsebene gehörten zu den interessantesten Entwicklungen der Wien-Wahl. Denn die Landtagswahl galt als langweilig, weil der erste Platz der SPÖ und der zweite Platz der FPÖ bereits vor dem offiziellen Wahlkampfstart so gut wie entschieden waren, zu einer Duellsituation kam es nicht.

Bürgermeister Michael Ludwig mischte sich kaum in den Wahlkampf ein, ignorierte seine Konkurrenz so gut es ging und feierte einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg. Negativ-Effekt des erwartbaren Wahlausgangs: Die Beteiligung war dramatisch niedrig.

Der Druck von Grün

Dass Margareten kippte, hatten Beobachter:innen nicht am Schirm – weil diese Ebene für niemanden außer den Parteien selbst im Vorfeld spannend ist. Für die SPÖ waren die Grünen gefährlicher als die FPÖ. Ihnen fiel Margareten zu, denn Stimmen gewannen sie keine dazu. Und die FPÖ habe zwar ein Rekordplus, aber – so Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik auf „Bluesky“: „bei einer Landtags- und Gemeinderatswahl noch nie so unterperformt“.

Ausgerufene „Swingstates“ waren Simmering, Floridsdorf und Favoriten – alle drei blieben in roter Hand. In Simmering liegt die SPÖ mit rund 43 Prozentpunkten knapp zehn Prozent vor der FPÖ (Gemeinderatswahl, auf BV-Ebene sind es rund sieben Prozent). Selbes Schauspiel auch in Floridsdorf: Im 21. liegt die SPÖ mit 42 Prozent knapp 13 Prozentpunkte vor der FPÖ – obwohl die Blauen auf Gemeinderatsebene um 20 Prozent zulegen konnten, ebenso im Ergebnis BV. Auch in Favoriten wurde nicht an der roten Vorherrschaft gerüttelt: mit rund 43 Prozent liegt die SPÖ rund 16 Prozentpunkte.

Die vorhergehende Wahl 2020 war gezeichnet von dem Ibiza-Skandal, der zum Bruch der Regierung auf SPÖ und ÖVP führte und der Corona-Pandemie. Vergleicht man das Ergebnis der FPÖ mit dem aus dem Jahr 2015 fällt auf, dass die Blauen weit von einstigen Rekordergebnissen entfernt sind: 2015 fielen Floridsdorf (FPÖ 40,56 Prozent) und Simmering (42,90) and die FPÖ – mit knapp 30 und rund 33 Prozent konnte Nepp die Erfolge des damaligen Spitzenkandidaten Heinz Christian Strache nicht reproduzieren.

Auffallend ist auch die Divergenz zwischen dem Ergebnis der Bezirksvertretungs- und der Gemeinderatswahl. Drei Bezirke drohte die SPÖ an die Grünen zu verlieren: Margareten, Mariahilf und die Leopoldstadt. Seit Montagabend ist klar,  dass nur ein einziger Bezirk bei der Wien-Wahl auf Ebene der Bezirksvertretung die Farbe wechselte: Margareten, der 5. Bezirk, wurde Grün.

In Wien Margareten liegt die SPÖ auf Bezirksebene bei rund 40 Prozent, auf Gemeinderatsebene lagen die Grünen mit 32 Prozent vor der Sozialdemokratie (31 Prozent). Selbes gilt auch für den Zweiten Bezirk, Leopoldstadt: Auf Ebene des Gemeinderats liegt die SPÖ mit rund 41 Prozent deutlich vor den Grünen, auf Ebene der Bezirksvertretung sind es nur drei Prozentpunkte Unterschied. Mariahilf liegt auf Gemeinde-Ebene im Wahlkreis Innere Stadt, deshalb ist der Vergleich nicht im selben Maß möglich, SPÖ und Grüne trennen zwölf Prozentpunkte, auf der Bezirksebene ist es nur ein Prozentpunkt. 

Alsergrund war der Bezirk, in dem die SPÖ auf Bezirksebene am stärksten dazugewinnen konnte. Bezirksvorsteherin Saya Ahmad gilt als umweltbewusste Linke: Sie unterstützt von Anfang an SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler beim innerparteilichen Richtungskampf und setzt sich auf Bezirksebene für klassisch grüne Projekte ein, wie Radwege, weniger Parkplätze, mehr Bäume und Verkehrsberuhigung. 

Mobilisierungsproblem auch bei Blau?

Wirklich dazugewonnen haben weder SPÖ noch Grüne – beide haben an absoluten Stimmen verloren, so Meinungsforscher Peter Hajek. Die Wahlbeteiligung in Wien bleibt niedrig, nach dem Rekordtief von 60 Prozent im Corona-Jahr 2020 stieg sie 2025 leicht auf rund 62 Prozent, liegt aber trotzdem weit unter den rund 75 Prozent aus dem Jahr 2015.

Darin liegt auch eine mögliche Erklärung für eine Trendprognose, die am Wahltag österreichweit zwei Stunden, bis zum Erscheinen der ersten Hochrechnung diskutiert wurde: Die FPÖ wurde um drei Prozentpunkte überschätzt. Eine mögliche Erklärung für diesen Fehler ist, dass die Wahlbeteiligung aus dieser Wählerschaft am Wahltag selbst unter den Prognosen der Trendprognose blieb.

Gelaufen ist die SPÖ nicht nur gegen die Grünen, sondern an erster Stelle gegen den Politik-Verdruss. In der Inneren Stadt, Simmering und Favoriten würden die Nichtwähler:innen die stärkste Partei ausmachen, in Wien 1. mit 31,07 Prozent, in 11. und 10. mit jeweils knapp 45 Prozentpunkten. Und auch in vier anderen Bezirken liegt der Anteil der Nichtwählerinnen knapp hinter der SPÖ: In Meidling, Rudolfsheim-Fünfhaus, Brigittenau und Floridsdorf liegt die Sozialdemokratie nur weniger als einen Prozentpunkt vor der SPÖ.

„Die Leute haben den Eindruck, dass es um nichts geht“, so Meinungsforscher Peter Hajek. Die politische Konkurrenz für die SPÖ bleibt die FPÖ; ÖVP, Grüne und Neos wollen mitregieren und kritisieren demnach weniger hart. Hajek sieht auch kein abnehmendes politisches Interesse als Grund für die fehlende sogenannte Wahldisziplin. 17 Prozent der Befragten gaben in der Frage nach den Motiven von Hajek im Auftrag für ATV und PULS 24 an, dass sich „sowieso nichts ändert und es keinen Sinn“ habe, zehn Prozent gaben an, kein Interesse zu haben.

Was bleibt von der Wiener Gemeinderatswahl 2025? Die SPÖ konnte im 1., 4., 6., 7., 8., 9. und 18. Bezirk Stimmen gewinnen. Das Ergebnis der ÖVP war in jedem einzelnen Bezirk negativ, ebenso wie jenes der Liste rund um Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Die Neos wurden für das Regieren nicht abgestraft – sie gewannen in jedem der 23. Bezirke an Stimmen dazu, ebenso wie FPÖ und KPÖ. 

Franziska Schwarz

Franziska Schwarz

Franziska Schwarz ist seit Dezember 2024 im Digitalteam. Davor arbeitete sie als Redakteurin bei PULS 24, und als freie Gestalterin bei Ö1. Sie schreibt über Politik, Wirtschaft und Umwelt.