eatdrink: Die mundende Myrte

Sommerküche: der beste Linsensalat mit dem teuersten Honig.

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Ich habe ihn vor einiger Zeit bei einer privaten Einladung zum Grillen auf der Terrasse kennengelernt. Die Wiener Winzerin und Heurigenwirtin Jutta Kalchbrenner (Weingut Ambrositsch; jutta-ambrositsch.at) hat ihn damals mitgebracht, und als er da stand, begann ich schon mit ihm zu liebäugeln. Sah sehr gut aus, duftete herrlich, war noch ein ganz klein wenig warm. Beim ersten Bissen war’s dann um mich geschehen. Dieser Linsensalat ist so ziemlich das Beste, was man aus Linsen machen kann, finde ich seither; und natürlich ist er bei mir eingezogen.

Das Rezept bitte, flehte ich Jutta Kalchbrenner an, und was sie mir dann schickte, war eine Kopie aus einem Buch des israelstämmigen Londoner Vegetarier-Papstes Yotam Ottolenghi. Das hätte ich mir eigentlich denken können; Ottolenghis vegane bzw. fleischlosen Rezepte haben zur ständig steigenden Beliebtheit der Ethno-Gemüseküche ähnlich viel beigetragen wie Jamie Olivers Kochshows und Bücher zum Mut, sich selbst wieder in die Küche zu stellen. Die Winzerin hat sich allerdings eine kleine Ergänzung zum Original erlaubt: Rote Rüben, und das bekommt dem lauwarm zu genießenden Salat außerordentlich gut.

Neben würzigen Le-Puy-Linsen, zartbitterem Radicchio, Walnüssen und Gewürzen ist eine Zutat entscheidend: der Honig. Es ist aber nicht irgendeiner, sondern Honig, der vor Aroma und heilender Wirkung so strotzt, dass er beinahe schon rezeptpflichtig ist. Manuka-Honig stammt aus Neuseeland, wo er von Bienenvölkern erzeugt wird, die zu einem großen Teil Nektar von Manuka sammeln, der hübsch weiß blühenden Südseemyrte (Leptospermum scoparium). Er enthält nicht bescheidene Mengen von Methylglyoxal, einem Zuckerabbauprodukt, dem in Studien - die von Beamten des österreichischen Integrationsministeriums (Stichwort Kurz-Fassung) verschont blieben - eindeutige antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung bescheinigt wird; es gibt sogar eine Art Medikament aus Manuka-Honig, das unter dem Namen Medihoney in der Wundheilung eingesetzt wird. Aber darum soll es in diesem Rezept nicht gehen: Manuka ist einfach ein sehr, sehr guter intensiver Honig, der Yotam Ottolenghi an den Geschmack von Wald erinnert. Und er ist ziemlich teuer: Ein 250-ml-Glas ist in Reformhäusern ab etwa 27 Euro zu haben. Ottolenghi erlaubt zwar explizit anderen starken Honig in seinem Rezept, aber für diesen Salat wollen wir die Medizin doch wohl schlucken …

Linsensalat Yotam & Jutta

Für 4 Personen: 200 g Le-Puy-Linsen mit 3 Lorbeerblättern in ungesalzenem Wasser ca. 15 min. bissfest kochen und in ein Sieb leeren. 2 EL Rotweinessig, 1 gute Prise Salz, etwas schwarzen Pfeffer, 5 EL Olivenöl und 5 EL Manuka-Honig in einer Schüssel verrühren, die heißen Linsen dazugeben und vermischen (Lorbeer entfernen). Für die Nüsse 5 EL Manuka-Honig, 1 Msp. Chiliflocken, 1/2 TL Kurkuma und 1 Prise Salz verrühren und 100 g halbierte bzw. geviertelte Walnüsse dazugeben. So lange vermischen, bis die Walnüsse gut benetzt sind, dann auf ein Backblech mit Backpapier streuen und im Ofen bei 170 Grad ca. 15 Minuten knusprig braun backen. 1 länglichen Radicchio quer in ca. 2 cm breite Streifen schneiden und in Olivenöl kurz durchrösten, bis er süßlich bitter riecht. 2 Rote Rüben weichkochen, schälen und in mundgerechte Stücke schneiden. Rüben, Walnüsse, Linsen und Radicchio verrühren. Je 2 Zweige Basilikum, Dille und Petersilie grob hacken und zum Salat geben. Zum Schluss ca. 60 g Pecorino Sardo grob darüberraspeln, alles noch einmal vermischen, abschmecken und lauwarm servieren.