"Stranger Things 2": Freunde lügen nicht

Warum der Netflix-Hit "Stranger Things 2" TV-Fans in den Bann zieht.

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Kennen Sie Mike, Dustin, Lucas und Will aus Hawkins, Indiana? Hatten Sie wegen dem Demogorgon und dem "Upside down" auch schlaflose Nächte? Keine Frage: "Stranger Things" war der TV-Hit des Sommers 2016. Produziert von den wenig bekannten Zwillingsbrüdern Matt und Ross Duffer, entwickelte sich die nostalgische Science-Fiction-Serie zum Publikumsliebling. Dabei ist die Geschichte klassischer Fantasy-Stoff der 1980er-Jahre: Ein Junge verschwindet unter ungeklärten Umständen spurlos im Wald, eine Leiche wird geborgen, die Polizei tappt im Dunkeln. Klar, dass sich die eingeschworene Freundesbande eigenhändig auf die Suche nach ihrem Kumpel macht.

TV-Suchtmittel

Was nach klassischer Krimi-Massenware klingt, entwickelte sich letztes Jahr schnell zum grassierenden TV-Suchtmittel. Richtig abgedreht wird die Story, als klar wird, dass das fiktive Kleinstadtidyll Hawkins von Regierungsexperimenten unterwandert wird und ein wunderliches Mädchen (Millie Bobby Brown als Eleven) mit kahlrasiertem Schädel und übernatürlichen Fähigkeiten auftaucht.

"Stranger Things" bei Netflix

Eigentlich sollte nach den ersten acht Folgen der Netflix-Eigenproduktion Schluss sein, die Geschichte schien auserzählt. Mit dem großen Erfolg der Serie (u.a. 18 Emmy-Nominierungen) hatte vor dem Start wohl niemand gerechnet. Klar, dass jetzt eine zweite Staffel kommen musste. Es wird wohl nicht lange gedauert haben, bis der Streaming-Anbieter die Duffer-Brothers, wie sich das Showrunner-Duo nennt, überzeugen konnte, die Geschichte weiterzudenken.

Besser als Staffel eins?

Die zweite Staffel "Stranger Things" spielt ein Jahr nach den mysteriösen Ereignissen. Wir schreiben das Jahr 1984, Halloween steht vor der Tür. In den Vorgärten des beschaulichen Städtchens stehen Reagan/Bush-Schilder. Dass die US-Präsidentschaftswahlen bevorstehen, scheint hier aber niemanden sonderlich zu interessieren. Das vergangene Jahr scheint den Bewohnern noch immer in den Knochen zu stecken. Auch als Zuseher muss man einfach weiterschauen. Warum eigentlich?

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Wie wir leben wollen

"Stranger Things 2" ist trotz allerlei Bedenken eine mehr als gelungene Fortsetzung des Gruselspaßes. Das Spiel mit popkulturellen Zitaten wird in den neun neuen Folgen lustvoll weitergeführt; Reminiszenzen an das Blockbuster-Kino von Stephen Spielberg, die Bücher von Stephen King und Rollenspiele wie "Dungeons & Dragons" bilden den Referenzrahmen. Nostalgie ist in der fiktiven Welt von Hawkins, zwei bis drei weitere Staffeln soll es laut aktuellen Informationen noch geben, ein verlockendes Stilmittel: Die Serie zeigt trotz Horrorwesen und verschwundenen Kindern eine vermeintlich unschuldige Welt. Die Kids cruisen mit ihren BMX-Bikes durch die Straßen, statt auf WhatsApp hängen sie in Spielhallen oder vor ihren Brettspielen ab. Anstatt die große Liebe auf Tinder zu suchen, wird vor der Highschool noch mit der ersten heißen Karre aufgefahren – Föhnfrisur inklusive.

Toller Schauspiel-Cast

Den Emmy für das beste Casting hat "Stranger Things" bereits für Staffel eins gewonnen. Das lag nicht nur an einer fast vergessenen Winona Ryder, sondern vor allem an den Kinderdarstellern (siehe Schauspieler-Ranking). In "Stranger Things 2" wird der tolle Cast noch erweitert, was sich positiv auf die Handlung auswirkt. Einerseits gibt es mehr Erzählstränge, die erst am Ende der Staffel zusammengeführt werden. Andererseits gibt es neben den bereits bekannten Figuren Charaktere wie Max (Sadie Sink) und ihren Stiefbruder Billy (Dacre Montgomery), die der Geschichte eine neue Dringlichkeit geben.

Tröstliche Erkenntnis

Gibt es das absolut Gute oder Böse? In "Stranger Things 2", und das ist auch eine Besonderheit der Serie, haben fast alle Charaktere (auch die richtigen Fieslinge) eine gute Seite. Denn auch wenn man einmal eine falsche Entscheidung getroffen hat, heißt das nicht, dass man daraus nicht lernen darf.

Somit erzählt die Serie nämlich nicht nur vom ewigen Kampf Gut gegen Böse, von Monstern und tapferen Heldinnen, sondern vor allem eine Geschichte über die universelle Kraft der Freundschaft. Den Leitspruch der Freundesbande kann man sich ohnehin hinter die Ohren schreiben: Friends don’t lie. Und: Möge die Welt vielleicht in Flammen stehen, es ist alles halb so schlimm, wenn man sich auf die richtigen Menschen verlassen kann.

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Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.