Viktoria Schnaderbeck: "Ich hatte immer einen Plan B"

Viktoria Schnaderbeck, Kapitänin der Frauennationalmannschaft und seit kurzem Spielerin bei Arsenal London, im profil-online-Sommergespräch über ihre neue Heimat, Durchhaltevermögen nach Verletzungen und ihr soziales Engagement in Tansania.

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profil: Die Fußball-WM der Männer ist vor kurzem zu Ende gegangen. Frankreich ist Weltmeister. Hat Sie das überrascht? Viktoria Schnaderbeck: Frankreich war für mich definitiv einer der Favoriten. Sie haben schon bei der EM 2016 nur knapp den Titel verpasst. Sie haben aus dieser Erfahrung gelernt und haben es verdient. profil: Sie ziehen aktuell von München nach London um. Haben Sie sich schon an das Treiben in der britischen Metropole gewöhnt? Schnaderbeck: Ich wohne etwas außerhalb von London. In St. Albans, einer süßen kleinen Stadt nur unweit vom Trainingsgelände. Das Treiben und Leben in London selbst ist beeindruckend. Ich war nun ein paar Mal in der Stadt und bin immer wieder begeistert.

profil: Mit Österreich wurden Sie bei der EM 2017 Dritter. Frauenfußball war in Österreich plötzlich nicht mehr nur ein Nischenthema. Wie blicken Sie heute darauf? Schnaderbeck: Für mich persönlich hat sich im Prinzip nichts geändert. Für mich hat Frauenfußball nun genau den gleichen Stellenwert wie vor der EM. Lediglich innerhalb der Gesellschaft, der Medien und des Sportbusinesses hat sich vieles verändert. profil: Müssen Sie dennoch noch immer gegen Vorurteile ankämpfen? Schnaderbeck: So gut wie gar nicht. profil: War es in Deutschland für Sie einfacher, als Profisportlerin anerkannt zu werden? Schnaderbeck: In Deutschland hatte der Frauenfußball als ich 2007 nach München gewechselt bin einen deutlich höheren Stellenwert. Für mich war Anerkennung nie ausschlaggebend. Aber es war definitiv so, dass ich in Deutschland meinen Traum verwirklichen und professionell Fußball spielen konnte.

Für mich war Anerkennung nie ausschlaggebend.

profil: Schaut Ihnen die Sportpresse auch so genau auf die Finger, wie Ihren männlichen Kollegen? Schanderbeck: Ich glaube nicht. Die Männer stehen nochmals anders in der Öffentlichkeit. Dementsprechend wird bei den Männern teilweise jede Tätigkeit des Privatlebens kommentiert und darüber gesprochen. Ich bin froh, dass das bei uns Fußballerinnen anders ist. profil: Wird man als Fußballerin geboren? Schnaderbeck: Jein. Ich glaube, dass man ein Talent in die Wiege gelegt bekommt. Aber das allein reicht nicht. Um es an die Spitze zu schaffen und dort zu bleiben, bedarf es harter Arbeit, Disziplin und Durchhaltevermögen.

profil: Sie hatten in Ihrer Karriere schon mehrere schwere Verletzungen. Waren Sie schon einmal dran, es sein zu lassen? Schnaderbeck: Ich habe zu jedem Zeitpunkt meiner Reha immer zu 100% das Ziel gehabt, wieder zurückzukommen. Allerdings hatte ich immer einen Plan B bereit, für den Fall, dass es gesundheitsbedingt vorbei ist. profil: Und wie haben Sie sich wieder zurückgekämpft? Schnaderbeck: Letztendlich braucht man dafür eine gute und gesunde Mischung aus Disziplin, Fokus, Durchhaltevermögen und Glaube an sich selbst auf der einen Seite und Gelassenheit und Rückhalt auf der anderen Seite.

profil: Sie haben die letzten elf Jahre bei Bayern München gespielt. Wie hat Sie Bayern geprägt? Schnaderbeck: Immens. Ich habe von der deutschen Mentalität vieles mitnehmen und lernen können. Natürlich habe ich mir in München auch ein privates und berufliches Umfeld aufgebaut, was mir persönlich sehr wichtig war. profil: Sie setzen sich für den Verein „Jambo Bukoba“ ein, der Kinder und Jugendliche in Tansania unterstützt. Was haben Sie dadurch gelernt? Schnaderbeck: Das ist schwierig in ein paar Sätzen zusammenzufassen. Jedenfalls habe ich gelernt, dass nichts selbstverständlich ist. Genauso, dass Glück und Zufriedenheit nicht von materiellen Dingen abhängig sind.

Bei der EM 2017 wurde es für Schnaderbeck und ihr Team der 3.Platz

profil: Sie wechseln mit der Saison 2018/19 zu Arsenal London. Was erwarten Sie sich von der englischen Liga? Schnaderbeck: Ich erwarte eine sehr ausgeglichene Liga und einen sehr physischen Spielstil. Allerdings glaube ich, dass ich durch die Spielkultur von Arsenal, welche guten Fußball bieten will, profitiere und dazu lernen kann. profil: War der Brexit ein Thema? Schnaderbeck: Nein.

profil: Verfolgen Sie die österreichische Innenpolitik? Schnaderbeck: Zwar regelmäßig, aber nur sehr grob, um ehrlich zu sein. profil: Was denken Sie über die aktuellen Entwicklungen? Schnaderbeck: Ich möchte keine Aussagen zu politischen Situationen abgeben.

Ich möchte nach meiner Karriere auf jeden Fall mit Menschen zusammenarbeiten.

profil: Werden Sie mit Arsenal auf ihre alte Wirkungsstätte Bayern München treffen? Schnaderbeck: Wir werden bereits im Sommer in einem Vorbereitungsturnier in Toulouse auf Bayern treffen. Ich freue mich ehemalige Mitspielerinnen und vor allem Freunde zu sehen. profil: Was machen Sie, wenn Sie einmal nicht trainieren? Schnaderbeck: Ich studiere Wirtschaftspsychologie im Master. Ich verbringe gerne Zeit mit Freunden. Ich kultiviere auch sehr gerne. Ich gehe in die Stadt, besichtige neue Orte und Plätze und teste gerne Cafes und Restaurants.

profil: Spitzensport kann man nicht ewig machen. Sie haben einen Bachelorabschluss gemacht. War Ihnen eine Ausbildung neben dem Sport immer wichtig? Und was wollen sie später machen? Schnaderbeck: Ja, definitiv. Einerseits um einen Plan B zu haben. Andererseits ist und war es immer mein Anspruch, mich nicht nur sportlich, sondern auch persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. Ich kann mir später sehr viel vorstellen, aber ich möchte auf jeden Fall mit Menschen zusammenarbeiten.

Zur Person Viktoria Schnaderbeck (27) wechselte mit 16 Jahren von LUV Graz zum FC Bayern München. Mit den Bayern gewann die Defensivspielerin 2012 den DFB-Pokal und 2015 sowie 2016 die deutsche Meisterschaft. Seit Mai 2018 spielt die Steirerin beim FC Arsenal London in der FA Women’s Super League. Für die österreichische Nationalmannschaft lief Schnaderbeck bisher 67-mal auf. Ihr größter Erfolg war Platz drei bei der EM 2017 in den Niederlanden.