Marmelade mit Zitrone und Karamell

eatdrink: Wolfspfirsiche

Sommergemüse-Seminar (I): Paradeiservielfalt im Marmeladeglas.

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Paradeiser sind mein bestes Steckenpferd im Topf, seit ich vor, man kann eigentlich schon sagen, vielen Jahren Erich Stekovics, dem burgenländischen Tomatenflüsterer, eine kleine Handvoll gemischter Samen abluchsen konnte, die er zwischen Daumen und Zeigefinger aus einer Schublade gezupft hatte. Jahr für Jahr habe ich von diesen Vorräten gelebt und später selber aus den schönsten Früchten dieser ursprünglich südamerikanischen Beere Saatgut gewonnen. Die Erfahrung zeigte aber, dass die Qualität der Ernte aus diesem in gewissem Sinne inzüchtlerischen Vorgehen nachließ; zumindest war das mein Eindruck. Seither ergänze ich die Bestände durch Jungpflanzen der Gärtnereien Bach (gaertnerei-bach.at) und Feigenhof (feigenhof.at). Mein Rekord liegt mittlerweile bei 14 Sorten in einem Jahr. Sie heißen Purple Calabash, Ei von Phuket, Liguria, Ochsenherz, Shimmeig, Green Zebra, Zahnrad, San Marzano, Black Russian oder Striped Roman, und sie schmecken so unglaublich unterschiedlich, dass man kaum glauben kann, Früchte einer einzigen Art, nämlich Solanum lycopersicum, zu genießen; manche sind frisch und grasig, geradezu federleicht, andere sind richtig feiste Umami-Geschmacksbomben. Lycopersicum bedeutet übrigens Wolfspfirsich, weil die ersten Tomaten in Europa an eine vom griechischen Arzt Galen auf diesen Namen getaufte Giftpflanze erinnerten.

Seit Kurzem verfüge ich über eine neue, ziemlich ausgefallene Quelle für interessante Sorten: die kalifornischen Wild Boar Farms des Tomatenfreaks Brad Gates, der früher einmal das legendäre Nachhaltigkeits-Restaurant von Alice Waters, „Chez Panisse“ in Berkeley, belieferte, sich nun aber auf die Anpassung der Tomate an den Klimawandel spezialisiert hat und ständig neue Sorten züchtet. Als ich die Website (wildboarfarms.com) durchforstete, musste ich schmunzeln, denn Gates gibt seinen Sorten ähnliche Namen wie Cannabis-Züchter den ihren: Afternoon Delight, Crazy Cherry, Cosmic Eclipse, Dark Galaxy oder Lovely Lush. Die Firma, das darf ich zumindest aus meiner Erfahrung sagen, ist seriös; drei Wochen nach meiner Online-Bestellung war das Saatgut da.

So eine Einkocherei kann ich sehr empfehlen, allerdings nur mit wirklich guten Tomaten.

Die schönsten Früchte der roten fleischigen Sorten wanderten heuer in eine Batterie von Gläsern mit Paradeisermarmelade, die so gut zu Mozzarella, Burrata oder auch heftigem Käse, zu Wildpastete oder geräucherter Entenbrust passt; so eine Einkocherei kann ich also sehr empfehlen, allerdings nur mit wirklich guten Tomaten. Mit zwei Kilo Früchten gehe ich so vor: die Paradeiser oben und am Stielansatz ganz leicht kreuzweise einschneiden und mit einem Lochschöpfer kurz in sprudelnd kochendes Wasser halten; danach sofort kalt abschrecken, dann lassen sie sich kinderleicht schälen. Anschließend entkerne ich die Riesenbeeren, schneide sie in daumennagelgroße Stücke und gebe sie in eine große Schüssel.

Intermezzo: Die viele Flüssigkeit, die beim Entkernen anfällt, leere ich in ein mit feinem Küchentuch ausgelegtes Sieb über einer Schüssel und lasse sie langsam durchträufeln. Übrig bleibt intensiver klarer Tomatensaft, den man gelieren kann, um zum Beispiel einen Teller Paradeiser mit Burrata und Basilikum zu pimpen.

Zurück zur Marmelade: Die Paradeiser verrühre ich mit einem Drittel des Fruchtgewichts Gelierzucker 3:1, dem Saft und der geriebenen Schale von einer Zitrone, einem Esslöffel Zitronensäure und einem Esslöffel Pektin. Nach einer Stunde gebe ich zwei Esslöffel Rohrzucker in einen Kochtopf, lasse ihn bernsteinfarben karamellisieren und lösche mit einem kleinen Schuss Tomatensaft ab. Wenn sich der Karamell aufgelöst hat, gebe ich die Tomaten dazu und koche sie zehn Minuten schwach sprudelnd. Gegen Ende halte ich kurz den Pürierstab hinein, allerdings sollen noch Stücke übrig bleiben. Anschließend heiß in gut ausgewaschene Schraub- oder Bügelverschlussgläser abfüllen und eine Stunde bei 100 Grad im Backrohr sterilisieren.

Man kann natürlich mit nur gelben oder nur grünen Sorten auch andersfarbige Marmeladen herstellen. Und man kann die Aromatik ein wenig steuern. Sehr gut passen Ingwer (2 EL auf 1 kg Tomaten) oder Vanille (Mark einer Schote auf 2 kg Tomaten).

Nächste Woche: Chutney und hausgemachtes Ketchup.