Die Wiener Hip-Hop-Humanisten Schönheitsfehler

Die Rapublikaner: Austro-HipHop boomt

Der österreichische HipHop boomt fernab der Charts - mit neuen Alben von Schönheitsfehler, Kroko Jack und Scheibsta und die Buben.

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HipHop in Österreich floriert traditionell abseits von Charts, Medien und Major-Labels. In Deutschland spricht man derzeit von einem veritablen "Ösi-Rap-Hype": Die "Süddeutsche Zeitung" ernennt den Wiener Cloud-Rap-Schlurf Yung Hurn zum Retter des deutschen HipHop. Der Salzburger Crack Ignaz verblüfft mit spontanem Dialekt-Dada. Von Berlin aus dominiert der Wien-Fünfhauser RAF Camorra die deutschen Albumcharts mit Dancehall-Straßen-Rap. Und Produzent Brenk Sinatra verschickt Soul-Beats aus Kaisermühlen nach Los Angeles. Das Alpen-Biotop scheint am fruchtbarsten zu gedeihen, wenn es wild wachsen kann, weil sich keiner um die Ernte schert.

Was tut sich sonst in der Rapublik?

Einen Grundstein für die Sprache des Austro-Rap legten die Wiener Hip-Hop-Humanisten Schönheitsfehler, als sie 1993 das erste Album auf Deutsch veröffentlichten. Gemeinsam mit den Linzern Texta und den Innsbruckern Total Chaos prägten sie hierzulande den HipHop der 1990er-Jahre, der in Deutschland bestenfalls als exotisch durchging. Nun beweisen Milo, Paul und Burstup erneut in Eigenregie, dass HipHop längst aus der Jugendkultur herausgewachsen ist. Ihr eben erschienenes Konzeptalbum "#gutesleben" liefert eine noble, aber teils simpel gestrickte Anleitung für eine bessere Welt. Doch nichts haben wir gerade nötiger.

Mitte der Nullerjahre bringt der Linzer Markus Höflinger alias Kroko Jack die Mundart aufs Textblatt, genannt das "Slangsta Movement". Sein Schicksal: in der Szene als hochbegabter Rapper verehrt, doch kommerziell unbedeutend. Dabei hätte er einiges zu sagen, wie er mit seinem neuen Album "Extra Ordinär" beweist - von der Anti-Rassismus-Hymne zum witzigen Egotrip mit Skero über einem Bilderbuch-Sample. Wie Kroko Jack im Silbensprint jamaikanischen Dancehall-Reggae in Linzer Dialekt übersetzt, ist beeindruckend, fordert aber zum Durchhalten auf.

In entspanntere Hörner blasen Scheibsta und die Buben, ein improvisationsbegabtes Sextett aus dem Salzburger Land. Rapper Scheibsta beherrscht die abendfüllende Stegreif-Poesie; die Buben haben das Jazzhandwerk studiert. Für ihr aktuelles Mini-Album "Neues" reduzieren sie ihren Freigeist aber aufs Wesentliche: kompakte Gitarren, gedämpfte Bläser und Scheibsta erzählt Geschichten vom Scheitern, trocken und sarkastisch wie einst von der Münchner Blumentopf-Gang perfektioniert.

Und die Frauen? Die sind stärker denn je: Yasmo und ihre Klangkantine bringen Poesie und Jazz auf die Bühne, Mavie Phoenix liefert US-Flair in die Clubs und die Klit Clique feministische Frische in die Köpfe. Das Biotop wuchert weiter.