Mediamarkt: Die McCarthy-Ära

Melissa McCarthys überwältigende Parodie auf Sean Spicer übertrifft Alec Baldwins Trump-Performance.

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In aufgeklärten Demokratien werden die Medien seit jeher als vierte Gewalt bezeichnet, weil sie, Unabhängigkeit und Seriosität vorausgesetzt, das Wirken der drei offiziellen Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative kritisch begleiten. Was aber, wenn die sinnstiftende Funktion der Medien fundamental bedroht wird durch eine institutionelle Krise, einen Staatsstreich -oder Donald Trump? In diesem Fall muss die offiziöse fünfte Gewalt auf den Plan treten: Satire.

Die amerikanische Humorindustrie arbeitet derzeit auf Hochtouren, denn die politische Lage ist ernst - so ernst, dass selbst Hollywoodstars Comedy-Sonderschichten schieben. In "Saturday Night Live" wird der kongenial abgefeimte Trump-Wiedergänger Alec Baldwin mittlerweile von Melissa McCarthy in einer Bigger-thanlife-Performance überstrahlt: Ihre überwältigend furiose Parodie auf Sean Spicer, seit Kurzem Pressesprecher im Weißen Haus, gibt der Phrase "zur Kenntlichkeit entstellt" eine geradezu gespenstische Tiefenschärfe.

Wie schmerzhaft die TV-Karikaturen den Originalen zusetzen, dokumentieren die säuerlichen Reaktionen von Spicer und vor allem Trump selbst. Kränkungen dieser Art stecken macht-und aufmerksamkeitsbesessene Männer erfahrungsgemäß ganz schlecht weg. Beim Correspondents' Dinner 2011 düpierte Barack Obama den im Saal anwesenden Donald Trump vor laufenden Kameras bis auf die Knochen. Dieser beschloss daraufhin, sich für die erlittene Demütigung mit der Präsidentschaft zu rächen. Was wir daraus lernen? Die Stunde der Komödianten darf noch lange nicht zu Ende gehen.

Sven   Gächter

Sven Gächter