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Abverkauf: Wieso ausländische Investoren auf Shoppingtour in der Industrie sind

Jede Krise ist angeblich auch eine Chance. Im Fall von Österreichs strauchelnder Wirtschaft vermehrt für Investoren aus Indien, China oder den Emiraten, die hierzulande auf Schnäppchenjagd sind. Nun fürchtet man einen Abfluss von Technologie ins Ausland.

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Schärding in Oberösterreich zählt gerade einmal 5600 Einwohner. Die barocke Stadt am Inn liegt direkt an der Staatsgrenze zu Bayern. Früher war die Stadt einmal für Milch bekannt. Von dort stammt die ehemalige Molkerei Schärdinger Milch, die heute unter neuen Eigentümern als Marke besteht. Das industriepolitisch wohl interessanteste Ereignis im Ort fand aber Anfang Jänner dieses Jahres statt. Der indische Elektronik-Konzern Kaynes Technologies hat 54 Prozent am in Schärding beheimateten Betrieb Sensonic übernommen. Das Unternehmen entwickelt Glasfasersensoren für die internationale Eisenbahnindustrie und gehörte davor mehrheitlich dem heimischen Sensortechnik-Unternehmen Frauscher.

Neben dem Motorradhersteller KTM war die Frauscher-Tochter Sensonic das nächste oberösterreichische Unternehmen, an dem sich ein indischer Investor beteiligte. Freilich unter gänzlich anderen Voraussetzungen. KTM ging unter Firmengründer Stefan Pierer pleite, und der Miteigentümer Bajaj übernahm den bis dahin größten Motorradproduzenten Europas. Beim weitaus weniger bekannten und durchaus solventen und innovativen Unternehmen Sensonic handelt es sich hingegen um einen strategischen Einstieg. „Die Investition von Kaynes ist eine Investition in österreichische Innovation und Expertise mit der gemeinsamen Vision, die Sicherheit im Schienenverkehr zu verbessern und sowohl Sensonic als auch Kaynes Wachstumschancen im globalen Schienenverkehrssektor zu bieten“, sagt ein Unternehmenssprecher. Know-how gegen Cash.

Beide Übernahmen haben allerdings einen kleinen gemeinsamen Nenner, der zurzeit in der heimischen Metall- und Maschinenbaubranche immer wieder auftritt und heiß diskutiert wird: Ausländische Investoren aus Drittstaaten wie Indien, China, Hongkong oder den Arabischen Emiraten kaufen sich derzeit wieder verstärkt in heimische Betriebe ein und schießen damit bitter benötigte Liquidität zu. Was sie dafür bekommen: technisches Know-how made in Austria und Zugang zum EU-Markt. Droht damit ein Abfluss von Technologie ins Ausland? Oder gibt es keinen Fortbestand ohne die Finanzspritzen aus dem Ausland?

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".