Stille Buchführung

Facultas Verlag: Vorstand Thomas Stauffer nimmt erstmals zu seinem Einkommen Stellung

Facultas Verlag. Vorstand Thomas Stauffer nimmt erstmals öffentlich Stellung

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Im Verlagshaus in der Stolberggasse 26 im fünften Wiener Gemeindebezirk ist die Stimmung gespalten. Da gibt es die Mitarbeiter – die königstreuen –, die meinen, das, was gerade passiere, sei persönlichkeitsverletzend. Und da gibt es die anderen, die die Ansicht vertreten, es sei nun hoch an der Zeit, dass sich der Chef endlich zur Diskussion um seine Person äußere. Weder die einen noch die anderen sagen das laut; über die Belegschaft wurde ein Sprechverbot verhängt.

Und der Mann, der sprechen könnte oder sollte, weilte auf Skiurlaub.
Nach dem letztwöchigen profil-Bericht über die Facultas Verlags- und Buchhandels AG gingen die medialen Wogen hoch. Dieses Magazin hatte auf Grundlage von Erhebungen des Rechnungshofes dargestellt, dass in einem Zeitraum von drei Jahren die Gewinne des Unternehmens halbiert wurden, während sich das Einkommen des Alleinvorstands, Thomas Stauffer, verdoppelte. Das ist deshalb von Relevanz, weil das Unternehmen je zur Hälfte der Hochschülerschaft (ÖH) der Universität Wien und der ÖH der Wirtschaftsuniversität Wien gehört.

Mit einem Bruttoeinkommen von zuletzt 458.600 Euro zählt Stauffer zu den absoluten Spitzenverdienern unter den Managern staatlicher oder staatsnaher Unternehmen und verdient um über 60 Prozent mehr als Bundeskanzler Faymann.

„Das war ein unglücklicher Zeitpunkt“
Diesen Umstand ist es geschuldet, dass derzeitige und einstige ÖH-Vorsitzende und aktuelle wie ehemalige Facultas-Aufsichtsräte vergangene Woche alle Hände voll zu tun hatten, um der Journalistenanfragen Herr zu werden. Und Stauffer, wiewohl offiziell nicht erreichbar, wird wohl auch schon geruhsamere Urlaube verlebt haben.
Die Kommunikationsstrategie des Unternehmens ist – vorsichtig ausgedrückt – stark verbesserungswürdig. Informationen sickern nur tröpfchenweise. „Das war ein unglücklicher Zeitpunkt, dass Ihre Geschichte ausgerechnet mit Beginn der Semesterferien erschienen ist“, meint ein Aufsichtsratsmitglied gegenüber profil. „Eine Woche später, und Herr Stauffer hätte alles offenlegen und klarstellen können.“ Er vergisst dabei zu erwähnen, dass Stauffer vor seinem Urlaub jede Gelegenheit dazu gehabt hätte. Bloß, die wollte er nicht nutzen. Wie blank die Nerven derzeit liegen, zeigt, dass ebenjener Aufsichtsrat im selben Atemzug mit rechtlichen Schritten droht, sollte er mit den Nichtigkeiten, die er von sich gibt, namentlich zitiert werden.

Nur langsam dürfte dem Facultas-Vorstand gedämmert sein, dass die Devise „totstellen und durchtauchen“ wenig zielführend ist. In einer umfangreichen E-Mail, die profil am vergangenen Donnerstag erreichte, nimmt er erstmals öffentlich Stellung.

„Zur Höhe meiner Bezüge ist zu sagen, dass ich nicht weiß, über welche Zahlen Sie verfügen, ich habe in Ihrem Artikel überhaupt nichts verstanden. Mein Bezug setzt sich aus einem fixen Bestandteil und einer Gewinnbeteiligung zusammen“, schreibt Stauffer einleitend. profil hat selbstverständlich nicht mit Fantasiezahlen operiert, sondern mit jenen, die in den Einkommensberichten des Rechnungshofes (RH) veröffentlicht wurden – und darauf auch deutlich hingewiesen. „Die Einkommen setzen sich aus dem Jahresbruttoeinkommen einschließlich Erfolgsprämien und den freiwilligen Sozialaufwendungen zusammen“, erklärt die Behörde, die in ihren Berichten publizierten Zahlen. Und weiters: „Die von den Unternehmen dem RH übermittelten Daten wurden auf ihre Plausibilität, nicht jedoch hinsichtlich ihrer materiellen Richtigkeit geprüft“. Für 2010 kommt der Rechnungshof auf ein Einkommen von 209.300 Euro für den Alleinvorstand, im Jahr 2011 auf 307.600 Euro und für 2012 auf 458.600 Euro.

„Ich führe nicht nur als Vorstand die Facultas AG, sondern ohne gesonderten Bezug auch als Geschäftsführer die Facultas Dombuchhandels GmbH, weiters die Management Book Service GmbH, die hatten Sie gar nicht angeführt, die Oscar Rothacker GmbH & Co KG und die UTB GmbH in Deutschland“, erklärt sich Stauffer. Und weiter: „Die Höhe meiner Bezüge ist der Gewinnlage entsprechend, es gab nie höhere Bezüge bei schlechterem Ergebnis. Warum Sie das behauptet haben, das weiß ich nicht … Jedenfalls: wenn in einem Wirtschaftsjahr der Gewinn sinkt, sinken für dieses Wirtschaftsjahr auch meine Bezüge, und nicht umgekehrt, wie Sie zu Unrecht behaupten. Aber wie schon oben gesagt, ich kenne leider nicht das Zahlenmaterial auf das Sie Ihre Untersuchungen gestützt haben.“
Das ist bedauerlich. Die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen entnahm profil den Jahresabschlüssen der Facultas AG der vergangenen Jahre. Sie sind im Firmenbuch öffentlich einsehbar. Für jedermann. Auch für den Unternehmensvorstand. Und sie machen deutlich, dass die Gewinne in den Jahren 2010 bis 2012 dramatisch einbrachen. Sowohl bei der Facultas AG (von 1,1 Millionen Euro auf 879.000 und zuletzt 403.000 Euro) als auch bei den mit ihr verbundenen Gesellschaften (von in Summe 1,1 Millionen Euro auf 888.000 und zuletzt 637.000 Euro).

Im Übrigen: Weder die Geschäftszahlen noch jene zu Stauffers Einkommen hat Facultas-Aufsichtsratschef Georg Klöckler je dementiert. Weder im Gespräch mit profil noch gegenüber zahlreichen anderen österreichischen Medien.

20-prozentige Beteiligung
Laut Klöckler erhält Stauffer zusätzlich zu seinem Fixgehalt von 200.000 Euro eine 20-prozentige Beteiligung an den konsolidierten Gewinnen der Gesellschaften: „Aufgrund versetzter Wirtschaftsjahre kann es zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Gewinne kommen. Die schlagen sich dann erst dementsprechend später auf das Einkommen des Vorstands nieder.“

„Die Höhe meines Einkommens halte ich, an dem was aus dem vormaligen WUV Universitätsverlag geworden ist, für angemessen. Noch dazu, weil sie zu einem erheblichen Teil erfolgsabhängig ist“, argumentiert Stauffer.
Für die Eigentümervertreter ist das Einkommen des Vorstands indes inakzeptabel hoch. Sowohl Chiara Werner-Tutschku, Vorsitzende der ÖH an der WU Wien, als auch das dreiköpfige Vorsitzteam der ÖH Uni Wien wollen sich bei den im Sommer anstehenden Verhandlungen zu Stauffers Vertragsverlängerung für eine geringere Gewinnbeteiligung starkmachen.
Schon die Vertragsverlängerung im Jahr 2010 verlief nicht ganz friktionsfrei. Eine ehemalige ÖH-Vorsitzende der Uni Wien erinnert sich an ein Telefonat mit einer Aufsichtsrätin: „Sie hat mir gesagt, ihr kämen die Stauffer eingeräumten Konditionen mehr als großzügig vor. Sie würde sich bei der Abstimmung enthalten.“ Doch warum hat die ÖH nicht schon damals heftiger reagiert? „Uns wurde bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass es der unbedingte Wunsch sei, Stauffer zu halten. Es hieß, man böte ihm ein branchenübliches Gehalt. Wir mussten uns darauf verlassen, was uns die Aufsichtsräte sagten. Eine konkrete Zahl wurde uns nie genannt“, so die ehemalige Studierendenvertreterin. Zudem hätten die von den linken Studenten entsandten Aufsichtsräte nichts ausrichten können. Fünf von acht Aufsichtsräten saßen damals auf einem Ticket der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft. Darunter der nunmehrige ÖVP-Direktor Markus Keschmann, Wirtschaftsprüfer Franz Schweiger, VP-Anwalt Werner Suppan sowie der aktuell amtierende Aufsichtsratschef Klöckler.

„Ich weiß eigentlich nicht, was an meinen Bezügen aufregen kann, wenn man die richtigen Fakten und insbesondere das Ergebnis meiner Führung der Facultas AG betrachtet. Wenn man es so darstellt, als ob ich ÖH-Funktionär beziehungsweise Politiker wäre, dann kann es rasch empören, weil aus einer solchen Fehlberichterstattung der falsche Eindruck erweckt wird, dass mein Gehalt aus öffentlichen Geldern stammen würde … Der Unmut ist wohl geschürt, ich bin Vorstand einer Aktiengesellschaft! Und nicht ÖH-Funktionär, nicht Subventionsempfänger und nicht staatlich. Wir leben auch nicht von Mitgliedsbeiträgen und schon gar nicht von Förderungen“, echauffiert sich Stauffer.

Nur: Nichts davon hat profil jemals behauptet.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast (@profil_Klima).