Kroatien-Reisewarnung: "Überzogener Aktionismus"

In 34 Hotels und 15 Camping Resorts kann Valamar täglich etwa 58.000 Gäste beherbergen. Das macht das Unternehmen, das fest in österreichischer Hand ist, zur größten Touristikgruppe in Kroatien. Gustav Wurmböck, Valamar-Aufsichtsratschef und Miteigentümer, hat für die Reisewarnung der österreichischen Regierung aufgrund der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen nur wenig Verständnis.

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INTERVIEW: CHRISTINA HIPTMAYR

profil: Am Montag der Vorwoche trat die Reisewarnung für Kroatien in Kraft. Wie hat sich das auf die Hotellerie vor Ort ausgewirkt?


Wurmböck: Ich möchte die Kommentare der verärgerten Gäste nicht eins zu eins wiedergeben.

profil: Nur zu!

Wurmböck: Sie waren alles andere als schmeichelhaft. Von unseren rund 3000 österreichischen Gästen sind 75 Prozent Hals über Kopf abgereist. Die waren alle grenzenlos verärgert, vor allem wegen der Aufforderung zur sofortigen Rückreise - als ob dort der Krieg ausgebrochen wäre. Das hat niemand in Kroatien verstanden und unsere Gäste schon gar nicht. Wenn es in Österreich 300 Neuinfektionen pro Tag gibt, dann ist damit zu rechnen, dass zehn oder 20 Prozent davon Reiserückkehrer sind.

profil: Die Zahlen haben gezeigt, dass ein Drittel der Neuinfektionen auf Reiserückkehrer zurückzuführen ist. Der Großteil davon war in Kroatien.

Wurmböck: Ich gebe Ihnen recht: Auf kroatischer Seite hat man zu lange weggeschaut. Aber die Situation in Istrien, der Region Kvarner und auf der Insel Krk, wo die meisten Österreicher auf Urlaub sind, ist besser als in den meisten österreichischen Bundesländern. In Istrien beispielsweise ist die epidemiologische Situation vollkommen stabil, mit derzeit insgesamt 16 aktiven Fällen.

profil: Sie betreiben insgesamt 34 Häuser in Kroatien, eines davon auch im Corona-Hotspot Makarska.

Wurmböck: Für diese Region ist eine Reisewarnung gerechtfertigt. Dort wurde die Nacht zum Tag gemacht, das war Partytourismus à la Ischgl. Wir, die Hoteliers, haben darauf gedrängt, diese Clubs zu schließen, denn dort finden die Superspreading-Events statt. Dass man aber für das ganze Land eine Reisewarnung ausspricht, ist überzogener Aktionismus, der bei gutnachbarschaftlichen Beziehungen nicht notwendig wäre.

profil: Was, denken Sie, war das Kalkül dahinter?

Wurmböck: Von den steigenden Fallzahlen im eigenen Land abzulenken. Wenn die Flüchtlinge nicht schuld sind, dann müssen es eben die Kroaten sein. Aber in fünf Monaten werden wir uns in Österreich über jeden kroatischen Gast freuen. Die kroatischen Gesundheitsbehörden werden dann sehr genau nach Österreich schauen, das haben sie schon angekündigt.

profil: Wenn Sie das Krisenmanagement der österreichischen mit der kroatischen Regierung vergleichen: Wie lautet Ihr Befund?

Wurmböck: Sowohl in Österreich als auch in Kroatien hat man sehr viel richtig gemacht, sonst hätte es überhaupt keine Urlaubssaison geben können. Ich kritisiere lediglich, dass man diese Reisewarnung so überfallsartig für das gesamte Land ausgesprochen hat. Etwa 20 Prozent der Hotels in Kroatien sind im Eigentum von Österreichern oder werden von Österreichern gemanagt. Das sind alles tolle Hoteliers, aber an die denkt man nicht. Man hätte sich ja abstimmen und uns fragen können, wie die Situation in den Betrieben ist. Innerhalb der Valamar-Gruppe ist bislang kein einziger Gast erkrankt.

profil: Und wie ist es derzeit um Ihre Auslastung bestellt?

Wurmböck: Ganz unterschiedlich. In Dubrovnik etwa sind zwei unserer fünf Hotels geöffnet. Seit Ende Juli gehen wieder Flüge in die Stadt, und seither haben wir circa 30 Prozent Auslastung im Vergleich zum Vorjahr. In Istrien sind wir aktuell bei circa 50 Prozent. Camping läuft besser, da haben wir rund 70 Prozent. Bei den Hotels hatten wir gehofft, im August im Durchschnitt auf 50 Prozent zu kommen. Durch die Reisewarnung wird das nicht mehr möglich sein.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast (@profil_Klima).