2015 bringt eine Steuerreform und einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe-Adria

Michael Nikbakhsh: Pyramidenspiele

Pyramidenspiele

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Zweitausendfünfzehn also. Der Steuerzahler in mir verspürt bereits eine Art präventives Unbehagen. Eine Steuerreform dräut, mutmaßlich die größte aller Zeiten. Mal wieder. Noch sind Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner hauptsächlich damit beschäftigt, den jeweils anderen von der Genialität des eigenen Steuerreformmodells zu überzeugen – aber am Ende dieses schonungslosen Wettbewerbs der Ideen sollen Sie und ich und überhaupt jeder Abgabepflichtige „entlastet“ werden. Sicher. Sicher?

Ich habe ja nun schon die eine oder andere Steuerreform (oder das, was mir als Reform verkauft werden sollte) mitgemacht. Und immer dann, wenn ich eigentlich „entlastet“ werden sollte, kam letztlich genau das Gegenteil heraus. Von wegen „Gegenfinanzierung“ und so. Soweit es mich betrifft, hatten die Steuerreformen der Vergangenheit ja mehr die Qualität eines Leider-nein-Briefloses. Du reißt es ungeduldig auf und stellst fest, dass du wieder nicht gewonnen hast. Aber so ist das mit der Gegenfinanzierung.
Zweitausendfünfzehn also. Die nicht mehr ganz so große Koalition will Milliarden verteilen, die ihr gar nicht zur Verfügung stehen. Alles eine Frage der Balance. Man wird sich das benötigte Geld dort holen, wo es vermeintlich noch vorhanden ist. Bei den „Millionären“? Vielleicht. Reichen wird das aber nicht annähernd. Beim „Mittelstand“? Sehr wahrscheinlich.

Zweitausendfünfzehn also. Auch diese Bundesregierung wird daran scheitern, das gefräßige System Österreich zu reformieren. Liegt wahrscheinlich daran, dass sie es gar nicht erst versucht. Föderalismus, Förderungen, Pensionen, Gesundheit, Bildung, Arbeitsmarkt, Kammern – alles Großbaustellen, alles wie gehabt. Was darf man groß von einem Staat erwarten, in dem schon ein Verteidigungsminister daran scheitert, überflüssige Kasernen zu schließen, weil er damit einem vor der Wiederwahl stehenden Landeshauptmann und/oder Bürgermeister (und gewählt wird heuer zuhauf) in die Parade führe? Im Ergebnis steigen die Staatsschulden immer weiter. Längst sind es mehr als 300 Milliarden Euro, unter Einrechnung „ausgelagerter Schulden“ und künftiger Pensionsverpflichtungen ein Vielfaches – weil der Staatshaushalt (auch und gerade in Phasen der Hochkonjunktur) nie in Ordnung gebracht wurde. Noch im April des Vorjahres hatte sich Michael Spindelegger als Finanzminister dafür feiern lassen, dass die Firma Österreich für 2016 und die Jahre darauf ein „strukturelles Nulldefizit“ budgetiert habe. Ein Nulldefizit ist, strukturell hin oder her, zunächst einmal eines: ein Defizit. Oder anders gesagt: Auch am Ende dieser Legislaturperiode wird der Staatshaushalt, so wie am Ende vorangegangener Legislaturperioden, nicht annähernd im Plus sein. Und sollten die Zinsen wieder steigen, wird das Nulldefizit ohnehin umstandslos seiner Null beraubt werden. Also wieder neue Schulden, um alte zu tilgen.

Das Grundprinzip eines jeden Pyramidenspiels.

Apropos Pyramidenspiel: Seit fünf Jahren gehört die Hypo Alpe-Adria ja Ihnen und mir und allen anderen Abgabepflichtigen. Auf der Website des Finanzministeriums ist nachzulesen, dass die Republik Österreich seit der Verstaatlichung im Dezember 2009 insgesamt 4,35 Milliarden Euro „Kapital in die Bank investiert“ habe. Ein netter Euphemismus, wenn man bedenkt, dass davon nicht nur nichts zurückfließen wird, die nunmehrige „Abbaueinheit“ vielmehr weiteres Geld beanspruchen wird müssen, um Schulden zu tilgen. Umso erstaunlicher, dass das Finanzministerium davon ausgeht, dass die Verstaatlichung das Budget letztlich nur mit „Kosten in Höhe von voraussichtlich vier Milliarden Euro“ belasten werde. Da wurden schlicht jene Beträge eingerechnet, die man bei Bayerischer Landesbank und Anleihegläubigern vor Gericht zu erstreiten gedenkt.

Ermessenseinnahmen, quasi.

Immerhin bringt 2015 einen parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Ereignisse vor, während und nach der Verstaatlichung. In der Sache selbst wird wenig Neues zutage treten. Wer wissen will, wie ein System total versagt, dem sei die Lektüre des Berichts der Griss-Kommission anempfohlen. Kurzweilig wird der U-Ausschuss in jedem Fall. Es werden bereits Wetten angenommen, ob der „Das ist mir nicht erinnerlich“-Rekord des vorangegangenen Korruptionsausschusses geknackt werden kann.

Zweitausendfünfzehn also. Und alles bleibt schlimmer.

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Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.