Harald Mahrer: Das Schweizermesser mit acht Funktionen

Wie viel verdient der neue Nationalbank-Präsident Harald Mahrer?

Der richtige Mann für den Job? Eine politisch motivierte Fehlbesetzung? Kommt darauf an, wen man fragt.

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Die Bundesregierung hat Harald Mahrer, einen Vertrauten von ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, vergangene Woche zum nächsten Präsidenten des Generalrates der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) ernannt. Er folgt auf Claus Raidl, der diesen Titel eine Dekade lang führte.

Die Reaktionen der Opposition: heftig. Nahezu jede einschlägige Stellungnahme von SPÖ, NEOS und Liste Pilz ließ sich auf das Schlagwort „Postenschacher“ reduzieren. Dabei geht es gar nicht so sehr um Mahrers Befähigung – der 45-jährige Wiener ist lange genug im Geschäft, um ein Gremium wie den OeNB-Generalrat unfallfrei zu präsidieren. Mahrer, ÖVP-Staatssekretär (Bildung, Wissenschaft, Forschung) und Bundesminister (Wirtschaft und Wissenschaft) außer Dienst, führt aber bereits sechs öffentliche Funktionen und Ämter. Er ist unter anderem Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Obmann der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und Präsident des Wirtschaftsbundes, einer Vorfeldorganisation der ÖVP (siehe folgende Punktuation); daneben ist Mahrer als geschäftsführender Gesellschafter einer Kärntner HM Tauern Holding auch unternehmerisch tätig, wenn auch in überschaubarem Ausmaß.

1) Präsident des Generalrates der OeNB 2) Präsident der Wirtschaftskammer Österreich 3) Präsident Österreichischer Wirtschaftsbund 4) Präsident des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung 5) 3. Präsident der Österreichischen Sporthilfe 6) Obmann der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft 7) Stellvertretender Vorsitzender der Politischen Akademie der ÖVP 8) Geschäftsführender Gesellschafter der HM Tauern Holding BeteiligungsgmbH

Da könnte es in Mahrers Terminkalender recht eng werden

Geht sich das aus? Der zehnköpfige Generalrat der OeNB ist ähnlich einem Aufsichtsrat ein Kontrollgremium, das die Geschäftsführung zu überwachen hat. Keine Fulltime-Beschäftigung, aber auch kein Jausenjob. Präsident und Vizepräsident (bisher Max Kothbauer, fortan die FPÖ-nahe Ökonomin Barbara Kolm) nehmen nach profil-Recherchen an jeder Direktoriumssitzung teil. Das sind gut und gern 30 im Jahr, die in aller Regel von 8:00 bis 13:00 Uhr dauern, die benötigte Vorbereitungszeit nicht eingerechnet. Hinzu kommen zehn bis zwölf Meetings des Generalrats, in Summe also etwa 40 Sitzungen jährlich – oder nahezu eine wöchentlich. Da könnte es in Mahrers Terminkalender recht eng werden.

Und das Honorar? Raidl erhielt als Präsident eine „Vergütung“ von zuletzt rund 80.000 Euro brutto jährlich. Diese wird Mahrer nicht annähernd bekommen, weil er sonst das im „Bezügebegrenzungsgesetz“ festgeschriebene Limit (für das Jahr 2018 sind das 15.996,80 Euro brutto monatlich) sprengen würde. Er ist schon jetzt nahe dran. Aber wie viel verdient Mahrer? profil fragte in dessen Büro nach: Als Kammer-Präsident bezieht er aktuell zwölf Mal im Jahr 11.499,30 Euro brutto, als SVA-Obmann zwölf Mal 4147 Euro, insgesamt also 15.646,30 Euro – da wie dort hat er übrigens keinen Abfertigungs- oder Pensionsanspruch. Die anderen Funktionen sind ehrenamtlich, wobei der Wirtschaftsbund zumindest des Präsidenten Reisekosten im Rahmen seiner Tätigkeit ersetzt.

Mahrer: „Nicht schlechtreden"

Mahrer wird als Vorsitzender des OeNB-Generalrats angemessen viel arbeiten müssen und so gut wie nichts dafür bekommen (jedenfalls kaum Geld und auch nicht Raidls OeNB-Dienstwagen mit Chauffeur; einen solchen stellt schon die Wirtschaftskammer). Wenn es hier nicht um Prestige geht, wie Mahrer zuletzt selbst betonte – warum macht man das dann? Er will nach eigenem Bekunden seinen „Beitrag für das Land leisten“: „Ich finde, man sollte nicht schlechtreden, dass ich und zahlreiche andere Personen in Österreich uns neben unseren beruflichen Hauptaufgaben in anderen Bereichen leidenschaftlich engagieren und unser Know-how, egal ob politisch, wirtschaftlich oder gesellschaftlich, zur Verfügung stellen“, schreibt Mahrer in einer profil übermittelten Stellungnahme.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.