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ÖBAG-Chefin Hlawati: „Für parteipolitische Interessen bin ich auf beiden Ohren taub“

ÖBAG-Chefin Edith Hlawati über Einflussnahme-Versuche aus der Politik, den Mega-Deal rund um Borealis und warum die Staatsholding wohl nicht so bald in Start-ups investieren wird.

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Die ÖBAG schüttet für 2024 mehr als 1,2 Milliarden Euro Dividende an den Staat aus. Man hat den Eindruck, die Wirtschaftskrise trifft Sie nicht besonders hart.

Edith Hlawati

Die ständigen Schockwellen werden zum Normalzustand. Auch für unsere Beteiligungen. Die sehr langen Regierungsverhandlungen haben es uns auch nicht leichter gemacht. Jede Regierungskonstellation hätte eine andere Vorstellung gehabt, wie die ÖBAG zu gestalten ist. Wir haben nun einmal große Industriebeteiligungen, wobei wir keine exportierenden Betriebe haben. Das ist der Grund, weshalb uns beispielsweise die Zollthematik nicht so hart trifft. Und gerade die Exporteure müssen sehr kämpfen: hohe Lohnstückkosten, Energiepreise, zu hohe Produktionskosten. Wo wir die Krise in unseren Beteiligungen spüren, ist beim Konsum. Das betrifft die Post und die Telekom.

Die ÖBAG ist mit dem Regierungswechsel vom Finanzministerium ins Wirtschaftsministerium gewechselt. Wollte die ÖVP dem nunmehr roten Finanzministerium das Tafelsilber der Republik nicht überlassen, oder stecken noch andere Überlegungen dahinter?

Hlawati

Ich glaube, es ist eine Mischung. Halte ich es dennoch für richtig? Ja. Weil die Rollen von beiden Ministern eine völlig andere ist. Das hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt. Ich habe die Finanzminister immer so erlebt: Sie wollen eine Dividende und Wertsteigerungen. Das ist auch unser gesetzlicher Auftrag und das ist völlig legitim. Aber ein Finanzminister ist nicht gestalterisch bei wirtschaftspolitischen Themen. Ein Wirtschaftsminister hingegen, so habe ich auch die bisherigen Wirtschaftsminister erlebt, hat eine gestalterische Rolle in der Regierung. Ich zähle auch Leonore Gewessler dazu, die als Klimaministerin aus ideologischen Gesichtspunkten stark in die Wirtschaft eingegriffen hat. Ich halte die Entscheidung, die Zuständigkeit zu ändern, für richtig. Und wir haben ja im Portfolio große Schnittmengen zum Wirtschaftsstandort.

ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer hat eine aktivere Beteiligungspolitik angekündigt, aber was heißt denn das eigentlich? Heißt das, man kauft neue Unternehmen? Dafür müsste die Regierung auf Dividenden verzichten. Privatisierungen sind politisch auch schwierig.

Hlawati

Alle diese Fragen stellen sich, klar. Wir sind übrigens in unserem Bestandsportfolio sehr aktiv. Wir bringen Unternehmen an die Börse (EuroTeleSites Anm.), verhandeln Syndikatsverträge, wir verwalten die Syndikate, das ist sehr viel aktive Arbeit. Vieles davon passiert aber abseits der Öffentlichkeit. Wir haben in drei Jahren 80 Aufsichtsräte und 30 Vorstände besetzt und verlängert. Ohne viel Diskussionen in der Öffentlichkeit. Das war nicht immer so.

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Zur Person Edith Hlawati (68)

 ist seit Februar 2022 Vorständin der Staatsholding ÖBAG. Die promovierte Anwältin spielte seit der Reform der damaligen ÖBAG-Vorgängerin ÖIAG unter Regierung von Wolfgang Schüssel eine wichtige Rolle bei fast allen Privatisierungen. Sie war zudem jahrelang Aufsichtsrätin in zahlreichen heimischen Unternehmen. Die ÖBAG verwaltet derzeit neun Beteiligungen, darunter Verbund, OMV, A1, Casinos. Das Portfolio wird derzeit mit 29,85 Milliarden Euro bewertet. Für 2024 schüttet die ÖBAG eine Dividende von 1,26 Milliarden Euro an den Bund aus, wobei hier auch die höheren Energiepreise bei den Energieunternehmen für sehr gute Ergebnisse sorgten. 

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".

Anna Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil und seit 2025 auch Herausgeberin des Magazins. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.