RBI-Chef Johann Strobl bereitet das Russland-Geschäft trotz üppiger Gewinn seit Kriegsbeginn Kopfzerbrechen.
Raiffeisen International

RBI hofft, dass Strabag-Deal hält

Hauptversammlung der Raiffeisen Bank International: Russland-Gefangenen-Dilemma und das Signa-Schlammassel.

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Hauptversammlungen von börsennotierten Aktiengesellschaften haben immer auch ihre Déjà-vu-Momente. Bei der Raiffeisen Bank International (RBI) ist dieser Déjà-vu-Moment der geplante, aber eben noch nicht vollzogene Russland-Ausstieg. Grundsätzlich wolle man raus. „Einen genauen Zeitpunkt kann ich Ihnen derzeit aber nicht nennen“, sagte RBI-Chef Günter Strobl am Donnerstag bei der ordentlichen Hauptversammlung zu den Aktionärinnen und Aktionären. Schon im Frühjahr 2022, kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die RBI angekündigt, sich aus dem russischen Markt sukzessive zurückzuziehen. Russland ist aber nicht die einzige Großbaustelle der RBI. Auch die Signa-Kredite und die Pleite des von der RBI nicht zu knapp mitfinanzierten Immobilienimperiums sorgten für Unmut und kritische Fragen unter den Aktionären.

Während die RBI zumindest in den ersten Monaten nach Beginn des Ukrainekriegs noch einige Handlungsoptionen hinsichtlich eines Russland-Rückzugs hatte, ist der Spielraum mittlerweile massiv eingeschränkt. Sowohl der Kreml als auch die europäischen und die US-Sanktionsbehörden haben ein gewichtiges Wort mitzureden. Aber der Reihe nach.

Rund die Hälfte ihres Konzerngewinns erwirtschaftete die RBI zuletzt in Russland. Vom 2,4 Milliarden Euro hohen Nettogewinn 2023 kamen 1,3 Milliarden Euro von dort. Weil aber der Kreml kurz nach Kriegsbeginn Kapitalverkehrsbeschränkungen eingeführt hat, ist das Geld jetzt in Moskau geparkt und kann nicht außer Landes und nach Wien gebracht werden. Ein Nebeneffekt davon ist, dass die russische RBI-Tochter mittlerweile über eine stattliche Kernkapitalquote von 43 Prozent verfügt.

Deal mit Strabag-Aktien verzögert sich

Die eingefrorenen Gewinne sollen jetzt über eine Art Asset-Tausch rund um Strabag-Aktien außer Landes geschaffen werden. Die russische RBI-Tochter soll um 1,1 Milliarden Euro 28,5 Millionen Aktien am Baukonzern Strabag kaufen. Das Aktienpaket wird von der russischen „MKAO Rasperia Trading“ gehalten, die wiederum dem sanktionierten russischen Oligarchen Oleg Deripaska zugerechnet wird. Das Aktienpaket soll dann als Sachdividende nach Wien in die Zentrale wandern. Strobl nannte das einen wichtigen „Zwischenschritt“ zum Abbau des Russland-Geschäfts.

Der Deal ist sowohl den europäischen, als auch den US-amerikanischen Sanktionsbehörden wegen eines mutmaßlichen Naheverhältnisses zu Deripaska ein Dorn im Auge. Notenbank-Gouverneur Robert Holzmann sagte ebenfalls erst vor kurzem, man könne dem Deal hinsichtlich der Sanktionen noch keinen Persilschein ausstellen.

„Wir glauben weiterhin, dass eine derartige Transaktion zulässig und möglich ist“, meint hingegen RBI-Chef Strobl. Nun ist die geplante Transaktion aber um eine Facette reicher. Die Rasperia Trading wurde vor kurzem von der nicht sanktionierten russischen Firma Iliadis gekauft. Wer hinter Iliadis steht, ist unklar. Laut russischen Firmenregister-Informationen wurde die Gesellschaft erst vor einem Dreivierteljahr gegründet und soll nur eine Angestellte haben. Iliadis wiederum hält einen Anteil von 99 Prozent an einer Firma namens „ATMOSFERA“ an der wiederum Rasperia einen kleinen Anteil (ein Prozent) hält. Welche Rolle die „ATMOSFERA“ im Gesamt-Deal hat, ist unklar.

Viel Handlungsspielraum hat die RBI nicht. Sie darf ihre Russland-Anteile an keine mit Sanktionen belegten Firma oder Person verkaufen. In Russland müssen wiederum Notenbank und Finanzbehörden dem Deal zustimmen. Und dort wird man wohl kaum eine westlichen Firma oder Regime-kritische russische Unternehmen zum Zug kommen lassen.

Großbaustelle Signa

Die zweite Großbaustelle der RBI ist die Signa-Pleite. Wie mittlerweile bekannt wurde, hat die RBI 755 Millionen Euro an Krediten an einzelne Signa-Gesellschaften vergeben. Bei der vorigen, außerordentlichen Hauptversammlung erklärte Risikovorstand Hannes Mösenbacher mit sorgsamem Blick auf das Bankgeheimnis, dass es sich bei diesem Volumen um den größten Einzel-Kreditnehmer handle – ohne jedoch Signa explizit beim Namen zu nennen. In der Generaldebatte wollten die Aktionäre wissen, wie hoch das Signa-Risiko der RBI sei. Laut Mösenbacher sind 70 Prozent der Kredite des größten Einzelkreditnehmers grundbücherlich besichert. Hier ist die Ausfallswahrscheinlichkeit relativ gering, weil diese Kredite ja vorrangig bedient werden, sobald eine Signa-Immobilie verkauft wird. 

Bei den restlichen 30 Prozent, das sind immerhin über 220 Millionen, muss man aber wohl mit Ausfällen rechnen und wie die restlichen Signa-Gläubiger auf eine Quote von 30 Prozent hoffen. Für kritische Fragen der Aktionäre sorgte auch das Engagement von Ex-RBI-Chef Karl Sevelda als mittlerweile Ex-Signa-Beirat und Ex-Signa-Prime-Aufsichtsrat. „Karl Sevelda spielt seit seinem Ausscheiden (bei der RBI, Anm.) in Kundenrelationen keine Rolle“, sagte Strobl dazu.

Trotz der vielen offenen Fragen dürften die Aktionärinnen und Aktionäre dennoch zufrieden sein. Sie bekommen heuer 1,25 Euro je Aktie als Dividende. Die RBI schüttet insgesamt 411 Millionen Euro an ihre Aktionäre aus, auch ohne das Geld aus Russland. Weniger Freude hatten hingen einige Demonstranten vor der Stadthalle in Wien, wo die Hauptversammlung stattfand. Die globalisierungskritische NGO Attac forderte den sofortigen Rückzug aus Russland und warf der Bank vor, den Krieg gegen Ukraine indirekt mitzufinanzieren.

Marina  Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".