Die Raiffeisenbank International (RBI) hadert weiter mit ihrem Russland-Geschäft.
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RBI: Satte Gewinne und zwei mögliche Auswege aus Russland

Ein Drittel der Konzerngewinne erwirtschaftete die RBI in Russland. Das Rückzugsszenario soll im Herbst stehen. Der Teufel liegt hier aber im Detail.

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Normalerweise werden gute Bilanzergebnisse gern öffentlichkeitswirksam präsentiert. Diesmal kommt die Halbjahresbilanz der Raiffeisenbank International (RBI) aber ganz ohne Pressekonferenz aus - obwohl die Bank im ersten Halbjahr einen Gewinn von 1,235 Milliarden Euro verbuchen konnte. Der Grund für den Verzicht auf einen Medientermin dürfte sein, dass RBI-Chef Johann Strobl seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine von Journalistinnen und Journalisten vor allem eines gefragt wird: Wann und wie soll der Ausstieg aus Russland erfolgen? 

Die RBI, die vor allem im Osteuropa tätig ist, erwirtschaftete im ersten Halbjahr einen Gewinn von rund 1,2 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es noch 1,7 Milliarden Euro gewesen. Allerdings schlug sich damals der Verkauf der Bulgarien-Tochter mit 453 Millionen Euro zu Buche. Im Gegensatz zum Vorjahr erwirtschaftete die RBI heuer auch einen Gewinn von 80 Millionen Euro in der Ukraine.

Den mit Abstand größten Anteil am Konzerngewinn hat aber nach wie vor Russland. 35 Prozent und damit 685 Millionen Euro entfallen auf Russland, im ersten Quartal 2023 waren es noch 45 Prozent gewesen. Dieser Gewinn ist derzeit aber eher fiktiv, denn aufgrund von Sanktionen und der Kapitalverkehrsbeschränkungen, die Russland verhängt hat, kann er nicht entnommen werden. Er parkt nun quasi in der Russland-Tochter und wandert ins Eigenkapital. In Weißrussland, Russlands Verbündetem, hat man das Kreditvolumen binnen eines Jahres um 25 Prozent zurückgefahren, heißt es auf Nachfrage von der RBI.

"Wir arbeiten weiterhin mit Hochdruck an zwei Optionen für unser Russlandgeschäft, an einem Verkauf und an einer Abspaltung", wird RBI-Chef Strobl in einer Aussendung zitiert. Inzwischen wurde das Russland-Geschäft zurückgefahren. Die Kundenkredite wurden um die Hälfte auf 7,1 Milliarden Euro reduziert, die Bilanzsumme ist allerdings mit über 23 Milliarden Euro relativ hoch. Das liegt unter anderem daran, dass die Einlagen von Kunden im Vorjahr deutlich gestiegen sind, etwa bei westlichen Firmenkunden, wie Risikochef Hannes Mösenbacher der APA erzählte. Außerdem ist die RBI - im Gegensatz zu einigen russischen Banken - noch immer mit dem internationalen Finanztransaktionssystem SWIFT verbunden. Allerdings seien auch hier die Transaktionen laut Aussendung zurückgegangen. 

Schmerzhafter Ausstieg

Seit Monaten prüft die RBI nun Ausstiegsszenarien aus Russland. Bis zum Herbst soll die finale Entscheidung präsentiert werden, hieß es aus der RBI zuletzt. Nach gut 30 Jahren und fast durchgehend guten Ergebnissen wird es finanziell jedenfalls ein schmerzhafter Abschied. "Wir arbeiten in Russland mit Hochdruck an zwei Optionen – Verkauf und Spin-off. Details dazu kann ich Ihnen keine nennen", sagt die RBI-Sprecherin auf Nachfrage.

Variante eins würde eine Abspaltung des Russland-Geschäfts bedeuten, mittels Russland-Spin-off. Also eine eigene Russland-Einheit, die ebenfalls an der Börse gelistet wäre. Jede und jeder RBI-Aktionär - dazu zählen auch die Raiffeisenlandesbanken - bekäme automatisch zusätzlich zur RBI-Aktie eine RBI-Russland-Aktie auf das Depot gebucht und könnte diese verkaufen oder halten. Das erfuhr profil aus dem Umfeld der Aktionäre. Die RBI wäre damit raus aus Russland. Wem die Bank aber dann gehören würde und ob sie in diesem Szenario noch Teil der Raiffeisen-Gruppe wäre, ist nicht ganz klar. 

Variante zwei würde einen Verkauf der Russland-Tochter beinhalten. Die Verkaufsbedingungen sind aber alles andere als verlockend, und Russlands Präsident Wladimir Putin müsste diesen höchst persönlich zustimmen. Zwischen fünf und zehn Prozent der Verkaufserlöse würden in Form der sogenannten Windfall-Profit-Tax direkt ins Staatsbudget wandern. Außerdem dürfte der Verkaufspreis höchsten 50 Prozent des Marktwerts der Firma betragen. Der Kreml bestimmt damit, wer, zu welchem Preis und zu welchen Bedingungen die Bank erwerben soll. Die Russland-Tochter wäre damit definitiv nicht mehr Teil der Bankengruppe, allerdings würde unter diesen Umständen auch sehr viel Vermögen vernichtet werden.

Eine dritte Variante hängt übrigens derzeit wie Damoklesschwert über allen in Russland tätigen westlichen Firmen: Sie könnten jederzeit enteignet und unter staatliche Kontrolle gestellt werden. 

Marina  Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".