Blick auf Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 2 in Lubmin.

Wendemanöver: Reger Schiffsverkehr aufgrund europäischer Gaspreise

Die explodierenden europäischen Gaspreise sorgen für kuriosen Schiffsverkehr. Denn die Fahrten rechnen sich trotzdem.

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Vergangene Woche dockte der Koloss im walisischen Milford Haven, Großbritanniens größtem Energiehafen, an. Der mit amerikanischem Flüssigerdgas beladene Tanker "Hellas Diana" hat damit eine fast zweimonatige Irrfahrt beendet. Das Schiff hatte am 28. November vergangenen Jahres den Hafen von Corpus Christi in Texas verlassen, den Panamakanal durchquert und war auf dem Weg nach Asien, als es am 20. Dezember auf der Höhe von Hawaii abrupt umkehrte. Es durchfuhr den Kanal ein zweites Mal und gelangte dann über den Atlantischen Ozean in europäische Gewässer (siehe Grafik).

Die europäischen Erdgaspreise sind so hoch, dass eine derartige Odyssee noch immer lukrativ ist - trotz Verschiffungsgebühren in Höhe von rund 950.000 Dollar. Tatsächlich kostete im Dezember 2021 laut Daten der Weltbank eine Million "British thermal units" Erdgas (ein btu entspricht etwa 26,4 Kubikmeter) 38 US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist das ein Plus von 549 Prozent.

Die "Hellas Diana" ist allerdings nicht der einzige Tanker, der einen Kurswechsel vornahm: Die "Minerva Chios" befand sich bereits nahe Indien, als sie Mitte Dezember von der Reederei angewiesen wurde, umzudrehen und über den Suezkanal nach Europa zu fahren. Ein weiterer US-Gastanker machte in der Straße von Malakka kehrt. Für die amerikanischen Konzerne ist dies ein Riesengeschäft. Kostete in den USA eine Million British thermal units doch zuletzt gerade einmal 3,73 Dollar. Und selbst australisches Flüssiggas wird derzeit, zum ersten Mal seit mehr als einer Dekade, nach Europa geliefert.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.