Der Bühnen­bildner

Starnacht am Wörthersee: Veranstalter Martin Ramusch hat die Seebühne im Visier

Porträt. „Starnacht“-Veranstalter Martin Ramusch hat die Wörtherseebühne im Visier

Drucken

Schriftgröße

Wäre man nicht darauf hingewiesen worden, man würde nie erraten, dass man sich in einem Baucontainer befindet: Die Wände sind mit Kunstmarmor getäfelt, darauf ein hölzernes Schiffssteuerrad. Wuchtige braune, mit Messingbeschlägen versehene ­Lederfauteuils, in denen man fast verschwindet. Eine Glasfront bietet unver­stellte Sicht auf den türkis glitzernden Wörthersee.

Von hier aus, an der äußersten Kante eines weit ins Wasser ragenden Bootsanlegesteges, hat Martin Ramusch sein Reich im Blick. Die nautischen Reminiszenzen kommen nicht von ungefähr. Ramusch ist Eigner der Wörtherseeschifffahrt. Heute gilt seine Aufmerksamkeit aber weder Werft noch Flotte, sondern der gegenüberliegenden Seebühne.

Dort sind die Aufbauarbeiten für die „15. Starnacht am Wörthersee“ im vollen Gange. Die Tontechnik wird gerade installiert. Bühnenarbeiter schieben in der schwülen Nachmittagssonne riesige Boxen und Monitore hin und her. Immerhin stehen die Getränkebuden am Ufer bereits in Reih und Glied.

Nur noch drei Tage bis zum großen Event.

„Event-Zampano“
Conchita Wurst, Helene Fischer, Peter Kraus und einige andere mehr haben sich in Klagenfurt angesagt. Sie sollen an zwei Abenden jeweils rund 3000 Besuchern ordentlich einheizen. Noch wichtiger als die Stimmung im Publikum sind allerdings die Fernsehbilder. Der ORF überträgt das Schlagerspektakel live im Hauptabendprogramm. Vor hunderttausenden Zuschauern. Da muss alles klappen wie am Schnürchen. Dafür verantwortlich: Martin Ramusch, der mit seiner IP Media Marketing GmbH die Sause organisiert und veranstaltet.

„Event-Zampano“ nennen sie ihn am Wörthersee. Da schwingt Bewunderung mit, klingt aber gleichzeitig auch ein bisschen despektierlich.
Tatsächlich gibt es in Kärnten kaum eine Veranstaltung, in der Ramusch nicht seine Hände im Spiel hätte. Die Klagenfurter Ostbucht, Standort der Seebühne und eine der Toplagen am See, hat der Multi-Entrepreneur ohnehin fest im Griff.

Allerdings: Ohne wohlwollende Unterstützung der öffentlichen Hand wären viele seiner Unternehmungen nicht zustande gekommen. Hat die Stadt Aufträge zu vergeben, Gastronomiestätten zu verpachten oder Eigentum zu privatisieren, kommt Ramusch auffallend oft zum Zug. Politisch bestens vernetzt, ist er ein Meister im Lukrieren von Förderungen. Die Opposition treibt das regelmäßig auf die Barrikaden. Kaum ein Ramusch-Projekt, das nicht für Streit im Rathaus oder für Aufregung in der Bevölkerung gesorgt hätte.

Das war schon bei der Übernahme der Wörtherseeschifffahrt so. 2008 kaufte Ramusch von den Stadtwerken Klagenfurt 49 Prozent. 2010 übernahm er die restlichen 51 Prozent. Ohne Ausschreibung. Eine solche sei nicht nötig gewesen, weil Ramusch als Miteigentümer ein Vorkaufsrecht gehabt habe, begründete Stadtwerke-Vorstand Romed Karre damals den Deal.

Direkt neben der Werft liegt die Villa Lido. Das pittoreske Objekt mit den großzügigen Terrassen, auf denen hippes Jungvolk und ältliche Ausflügler in trauter Eintracht an ihren Hugos nippen, steht im Eigentum der Stadt Klagenfurt. An dem Gastronomiebetrieb hatten sich schon einige Wirte mit mäßigem Erfolg abgearbeitet. 2012 wurde er an Ramusch verpachtet. Wieder ohne Ausschreibung. „Andere Interessenten hatten gar keine Chance, sich zu bewerben“, moniert Grün-Gemeinderätin Evelyn Schmid-Tarmann. Auch hier habe es keine Ausschreibung gebraucht, kontert Ramusch. Er habe die Betreibergesellschaft gekauft, die wiederum einen aufrechten Pachtvertrag mit der Stadt gehabt habe. „Das hat mich eine Stange Geld gekostet.“

Prestigeprojekt und Finanzfiasko
Ordentlich Wirbel machte zuletzt das Gerücht, es sei bereits ausgemachte Sache, dass Ramusch die Seebühne übernehmen werde. Ihr Abriss war schon beschlossen, wurde aber in letzter Minute gestoppt. Jörg Haiders einstiges Prestigeprojekt ist ein Finanzfiasko und verschlingt jährlich Millionenbeträge.

Nun entschied der Klagenfurter Stadtsenat mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP, die im Besitz der Kärntner Messe stehende Bühne um 60.000 Euro zu kaufen. Verkleinert soll sie werden, so viel ist klar. Was die Stadt darüber hinaus damit vorhat, liegt im Dunklen. Albert Gunzer (FPÖ), Vizebürgermeister und Kulturreferent, lässt eine entsprechende Anfrage unbeantwortet.

An der Ausschreibung für den Verkauf der Bühne im vergangenen Herbst hat sich Ramusch jedenfalls nicht beteiligt. Auch jetzt sei er nicht aktiv. Dafür hat er ein fixfertiges Konzept in der Schublade. Unter dem Schlagwort „Sonnenbucht“ will er die negativ behaftete Ostbucht neu beleben: „Mir schwebt eine Art Disneyland vor, mit Maskottchen, Kleinkunst, Wasserspielen und Gastronomie aus dem Alpe-Adria-Raum“. Für die Vermarktung wurden bereits eigene Logos und Websites entwickelt, in den sozialen Medien wird die Marke „Sonnenbucht Wörthersee“ schon beworben. „Die Seebühne gehört mit ins Konzept“, sagt Ramusch, der sich seiner Sache ziemlich sicher ist: „Wir warten, bis Ruhe einkehrt, dann wird die Stadt schon an mich herantreten.“

Andere würden im Stand rotieren, aber ihm merkt man nicht an, dass es nun in die heiße Phase geht. Im blau-weiß gestreiften Hemd und kurzer Hose sitzt Ramusch im gediegenen Ambiente seines „Captain’s Room“ und erzählt Schwänke aus seinem Leben. Etwa wie er als 28-jähriger Wasserschilehrer zu Hans Dichand gefahren sei, um dem „Krone“-Herausgeber seine „Trachtenfestspiele“ schmackhaft zu machen. Vier Jahre lang tourte er dann mit Modeschauen durch österreichische Casinos. Mit der geballten medialen Macht der „Kronen Zeitung“ im Rücken. „So bin ich zum Veranstaltungsgewerbe gekommen“, sagt Ramusch.
Die „Starnacht“ ist für ihn längst Routine. Nicht nur in Kärnten, auch in Interlaken, der Wachau und im Montafon war sie zu Gast. „30 oder 40 Mal“ hat der Pörtschacher die Show schon auf die Beine gestellt. So genau weiß er das nicht mehr. Seit sieben Jahren produziert er außerdem den „Musikantenstadl“ und im September wird unter seiner Ägide Andreas Gabaliers erste TV-Show als Eurovisionssendung von ORF, ARD und Schweizer Fernsehen über die Bildschirme flimmern.

Das Handy klingelt beständig, Ramusch ignoriert es geflissentlich: „Vor der ,Starnacht’ hab ich plötzlich tausend Freunde. Danach keine“, meint der 46-Jährige. Eine schamlose Untertreibung. Kaum jemand beherrscht die Klaviatur des Netzwerkens derart meisterhaft. „Er kann unglaublich gut mit Menschen umgehen und findet schnell Zugang“, meint ­Villachs Bürgermeister, Helmut Manzenreiter. Die beiden spielen zusammen Golf und pflegen freundschaftliche Beziehungen. Ramusch bezeichnet den mächtigen SP-Granden als „politischen Vater“. Der wiederum legt Wert auf die Feststellung, keinerlei Geschäfte mit Ramusch zu tätigen. Nicht mehr: Der Eventer hat schließlich jahrelang das Villacher Stadtfest ausgerichtet. Und vor zwei Jahren galt die Pörtschacher Sicherheitsfirma Leon Service & Security GmbH als aussichtsreicher Kandidat bei der Neuausschreibung der Villacher Parkraumbewirtschaftung. Gründer und Gesellschafter: Martin Ramusch. Nach Querschüssen von Wendelin Mölzer, damals FP-Bezirksparteiobmann, kam allerdings ein anderer Bewerber zum Zug.
„Wir hatten bei unseren Veranstaltungen so hohe Wachkosten, da habe ich beschlossen, das selbst zu machen“, erklärt Ramusch. Inzwischen ist Leon Security laut eigenen Angaben Kärntens größter Wachdienst. 340 Mitarbeiter sorgen nicht nur bei IP-Media-Events für Sicherheit, sondern auch beim Ironman und beim Beachvolleyball-Turnier, beim GTI-Treffen in Reifnitz, beim Harley-Davidson-Treffen am Faaker See sowie beim Reitturnier des Waffenproduzenten Glock. Dazu kommt Personen- und Objektschutz.

Dass Ramusch sein Geschäft versteht, konzedieren selbst Kritiker. Die Veranstaltungen seien top organisiert, und Lido und Schifffahrt seien endlich keine Problembetriebe mehr.

Subventionsstecker
Zwischendurch ruft Peter Kaiser an. Den Kärntner Landeshauptmann kann selbst Ramusch nicht ignorieren: „Morgen komm ich zu dir, versprochen! Heute geht es sich nicht mehr aus“, sagt er ins Telefon. Kaiser hievte Ramusch im vergangenen Jahr in den Aufsichtsrat der Kärnten Werbung. Das enge Verhältnis zu Manzenreiter soll dabei zumindest nicht schädlich gewesen sein. Die Entscheidung wurde sogar SPÖ-intern kritisiert. Die Grünen sprechen von Unvereinbarkeit. Ramusch habe in der Vergangenheit von Geldern der Institution profitiert, die er nun beaufsichtigen soll.
Sozialdemokratischer Background hin oder her, Ramusch arrangierte sich auch mit den anderen Parteien: „Wir lassen uns in kein politisches Eck rücken. Ich muss mit allen können.“ Den Draht zu den Schwarzen hat Adolf Krumpl. Der einflussreiche ehemalige Sprecher von Ex-Bürgermeister Harald Scheucher heuerte als Geschäftsführer bei der Wörtherseeschifffahrt an. Er hat alle Kontakte zur Beamtenschaft und kennt Klagenfurt wie seine Westentasche.

Die Netzwerkpflege funktionierte aber auch in umgekehrter Richtung. So wechselte eine von Ramuschs Mitarbeiterinnen ins Büro von Harald Dobernig. Der Freiheitliche war damals Finanzlandesrat und Kulturreferent.
Schon Jörg Haider hatte die „Starnacht“ großzügig mit jährlich rund 200.000 Euro gefördert. Seine Nachfolger taten es ihm gleich. Ramusch dankte mit großzügigen VIP-Kartenkontingenten.

Erst die neue SPÖ-geführte Landesregierung zog den Subventionsstecker.
Die von der FPÖ regierte Stadt Klagenfurt schießt noch immer 100.000 Euro zu. Dass ein kommerzielles Großereignis trotz klammer Kassen mit Steuergeld gesponsert wird, stößt vielen sauer auf. Ohne Zuschüsse ließe sich das Event nicht stemmen, kontert Ramusch. Außerdem bekomme die Region diese Investition zigfach zurück: „Allein der Werbewert der im ORF gezeigten Schönbilder von Landschaft, See und Stadt beläuft sich auf eine halbe Million Euro.“

Bild: Michael Rausch-Schott für profil

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

ist Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.