Teilnahme ohne Bedingung

In der Schweiz soll ein neuer Versuch zum Bedingungslosen Grundeinkommen starten.

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In einer Volksabstimmung vor zwei Jahren haben die Schweizer das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) mit großer Mehrheit abgelehnt. Nun aber soll es doch kommen. Allerdings nur in Rheinau, einer Ortschaft mit etwas mehr als 1300 Einwohnern im Kanton Zürich. Wer älter ist als 25 und Einwohner des Dorfes, kann sich einschreiben, um ein Jahr lang monatlich 2500 Franken (rund 2220 Euro) zu erhalten - bedingungslos. Lediglich Bezieher hoher Arbeitsgehälter müssen die Summe am Ende zurückzahlen. Es handelt sich um eine private Initiative der Schweizer Filmemacherin Rebecca Panian, die das Projekt in einem Dokumentarfilm festhalten wird. Doch noch ist unklar, ob es stattfinden wird. Offen ist, ob mindestens die Hälfte der Rheinauer bereit ist mitzumachen - eine Woche vor Ablauf der Frist stellt diese Frage allen Ernstes ein Problem dar. Falls die erforderliche Teilnehmerzahl erreicht wird, startet das Crowdfunding über umgerechnet rund drei Millionen Euro. Die Gemeinde Rheinau beteiligt sich nicht an den Kosten.

Befürworter eines BGE sehen in ihm die Zukunft des modernen Sozialstaates, weil die Lohnarbeit aufgrund fortschreitender Digitalisierung knapp wird. Gegner befürchten ein budgetäres Fass ohne Boden. Die Crux liegt in der Frage: Werden die Leute faul, wenn man ihnen Geld schenkt - oder entfalten sie vielmehr, befreit vom (Lohn-)Zwang, erst ihre Ambition und Motivation? Wie das BGE die Menschen beeinflusst, wurde und wird weltweit in mehreren Versuchen getestet. Eine Auswahl.

KANADA

Einer der bekanntesten BGE-Versuche ist das "Mincome"-Experiment, gestartet 1974 in der Kleinstadt Dauphin. 1000 Haushalte mit niedrigem Einkommen erhielten monatlich im Rahmen einer Steuergutschrift einen Betrag nahe der Armutsgrenze. Je Dollar, der bei einer regulären Arbeit verdient wurde, sankt dabei das BGE um 50 Cent. 1977 wurde das Projekt wegen einer Rezession in Kanada frühzeitig eingestellt. Der Befund ist nicht eindeutig: Die Arbeitsmotivation der Menschen ließ nicht nach, vergrößerte sich aber auch nicht. Auf die Gesundheit der Teilnehmer wirkte sich das Projekt dafür signifikant positiv aus.

FINNLAND

Seit 2017 erhalten 2000 Personen, die verstreut über das ganze Land leben, monatlich 560 Euro. Sämtliche Teilnehmer waren zu Beginn des Experiments arbeitslos. Sie erhalten die Zuwendung auch weiter, falls sie eine Arbeit aufnehmen. Ursprünglich war eine Ausweitung des Projekts geplant. Nun soll es 2019 auslaufen. Als Gründe gelten Budgetnöte und Unstimmigkeiten in der Mitte-Rechts-Koalition. Schlüsse aus der Studie liegen zurzeit keine vor.

KENIA

Die spendenfinanzierte Initiative "Give Directly", an der auch der Gründer der US-Online-Plattform eBay Pierre Omidyar beteiligt ist, führt in 200 Dörfern im Land eine ambitionierte Studie durch. Rund 26.000 Teilnehmer erhalten ein BGE - je nach Ortschaft unterschiedlich lang, maximal zwölf Jahre. Pro Person gibt es umgerechnet rund 90 Euro-Cent am Tag, was in der kenianischen Provinz ein bedeutendes Einkommen darstellt. 100 Dörfer gehen leer aus, sie werden als Kontrollgruppe genau beobachtet. Das Experiment wird von Wissenschaftern des Massachusetts Institute of Technology und der Princeton-Universität betreut. Das Projekt startete Ende 2016.