MODELLHUND EMMA: „Die Form des Produktes entspricht der Anatomie der Hundepfote.“ (Anm.: im Einsatz tragen Hunde vier Protektoren)

Innovation: Ein Welser Tüftler hat den perfekten Hundeschuh entwickelt

Wie Soldaten benötigen auch Militärhunde geeignetes Schuhwerk. Ein Welser Tüftler hat das ideale Produkt entwickelt. Doch er scheitert an der österreichischen Bürokratie.

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Die Pfote des Hundes ist ein kleines Naturwunder. Im vollen Lauf muss sie ein Mehrfaches des Körpergewichts tragen. Die Ballen dämpfen besser als jeder Sportschuh. Gebremst wird mit den Zehen, die sich spreizen und damit die Fläche vergrößern. Die Pfote ist gleichermaßen robust und empfindlich. Und anders als der menschliche Fuß hält sie problemlos ein Leben lang. Unter verschärften Bedingungen sind allerdings auch Hunde Verletzungsrisiken ausgesetzt, etwa im militärischen Dienst.

Wie Soldaten benötigen Militärhunde daher geeignetes Schuhwerk. Doch das derzeit eingesetzte Produkt ist nur bedingt brauchbar. Ein oberösterreichischer Erfinder will nun den ultimativen Pfotenprotektor entwickelt haben. Die Hundeführer im Bundesheer sind begeistert. Beschafft wird der Wunderschuh dennoch nicht. Ein typisches Erfinderschicksal?

Franz Vesztergom aus Wels ist ein Tüftler, der gern in der Wiese sitzt und stundenlang über technische Probleme nachdenken kann. Und er besitzt seit jeher Hunde, derzeit Labradormischling Emma.

Unbefriedigendes US-Produkt

Oberst Otto Koppitsch ist Kommandant des Militärhundezentrums des Bundesheeres im burgenländischen Kaisersteinbruch. Neben der Ausbildung von Hundeführern und Diensthunden dient das Zentrum auch als größte Rottweilerzucht der Welt. 90 Prozent der Bundesheerhunde sind Rottweiler, der Rest Schäferhunde. Militärhunde werden zum Schutz von Gebäuden und Anlagen verwendet. Sie dienen als Spürhunde für Sprengstoff. Und sie kommen bei Auslandsmissionen sowie bei den Spezialkräften des Jagdkommandos zum Einsatz. Für den Pfotenschutz, aber auch zur Erhöhung der Rutschfestigkeit benutzt das Heer seit Jahren Produkte eines US-Herstellers – nicht ganz zur Zufriedenheit der Soldaten: Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung des Verteidigungsministeriums verrutscht der derzeitige Pfotenschutz „bei dynamischen Einsätzen“ und muss mit Klebeband am Lauf fixiert werden.

Vor zwei Jahren wandte sich Erfinder Vesztergom an Oberst Koppitsch und ließ ihm seinen neu entwickelten Pfotenprotektor „Defendor“ zukommen. In Kaisersteinbruch wurde der „Defendor“ 2016 drei Monate lang „unter Leitung eines erfahrenen Hundeausbilders“ auf „verschiedenen Untergründen“ und „unter Berücksichtigung realer Einsatzszenarios“ erprobt, wie es in einem profil vorliegenden Bericht von Koppitsch vom April 2016 heißt. Und weiter: Die „Passform“ des „Defendors“ könne „als ideal bezeichnet werden, da die Form des Produktes der Anatomie der Hundepfote entspricht“. Während der gesamten Testzeit sei „der Schuh nie verloren“ gegangen. Daneben biete der „Defendor“ „gute Haftungseigenschaften“. Verantwortlich für die Ergebnisse sind laut Vesztergom der verwendete Kunststoff Polyurethan sowie der raffinierte Schnitt. Ausgangspunkt seiner Überlegung war es, keinen Schuh, sondern eine Art „Handschuh“ für den Hund zu entwickeln.

Zweijähriger Briefverkehr

Nach dem Test machte sich der Erfinder daran, den Prototyp zur Serienreife zu entwickeln. Doch ihm fehlte, was vielen Erfindern fehlt: Kapital. So wandte er sich 2016 an das Verteidigungsministerium unter Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und schlug vor, den „Defendor“ gemeinsam zu produzieren. Allerdings hatte Vesztergom die Feinheiten des österreichischen Beschaffungsrechts übersehen, das dem Bundesheer eine solche Kooperation nicht erlaubt. Es folgte ein zweijähriger Briefverkehr mit dem Ministerium, der im Februar dieses Jahres ein Ende fand. In einem Schreiben des Generalsekretariats wurde Vesztergom beschieden, sich erst wieder zu melden, wenn sein Produkt „die Marktreife erreicht“ habe.

Auch Vesztergoms Suche nach einem privaten Investor oder Geschäftspartner blieb ergebnislos. Zur Herstellung müsste er eine Produktionsstraße errichten. Geschätzte Kosten: 400.000 Euro. Der „Defendor“ würde am Anfang etwa 65 Euro pro Pfote kosten und in Zukunft, so der ambitionierte Plan, auch bei Polizei, Rettungsorganisationen und im Zivilbereich vertrieben werden. Einstweilen muss sich der enttäuschte Erfinder mit einem neuerlichen Schreiben von Oberst Koppitsch vom Februar 2018 trösten, in dem der Kommandant des Militärhundezentrums „großes Interesse“ an einem „serienreifen und am freien Markt erhältlichen Produkt“ zeigt und „viel Erfolg bei der Realisierung“ wünscht.

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Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.