Wissenschaft

Covid-19: Wie bedrohlich ist die neue Virusvariante?

Was bisher über XBB.1.5 bekannt ist.

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Vor einiger Zeit konnte man den Eindruck gewinnen, eine Art Wettkampf zu beobachten: Kaum hatte sich eine Variante des Coronavirus durchgesetzt, tauchte eine neue auf und verdrängte die bisher dominierende – bis wieder eine neue Virusvariante die Kontinente eroberte und ihre Konkurrenten ausstach. Eine Weile höre man recht wenig von weiteren Veränderungen des Virus, doch jetzt debattiert die Fachwelt wieder intensiv über einen neuen Kandidaten: XBB.1.5 heißt diese Variante, die in den USA bereits für fast 30 Prozent aller Covid-19-Fälle verantwortlich ist.

Was bisher über XBB.1.5 bekannt ist, fasste vor einigen Tagen das Fachjournal „Nature“ in einem Online-Artikel zusammen, basierend auf den Daten einer am 6. Jänner publizierten, noch nicht begutachteten Studie. Zunächst lässt sich sagen, dass die neue Variante, die Ende des Vorjahres nachgewiesen wurde, mit der lange dominierenden Omikron-Linie verwandt ist. Es handelt sich gleichsam, so „Nature“, um ihren Urenkel. Die meisten Fachleute gehen im Moment davon aus, dass sich XBB.1.5 global durchsetzen und in absehbarer Zeit zur weltweit dominierenden Variante entwickeln wird.

Doch was bedeutet das? Wie unangenehm kann die neue Variante werden? Und inwiefern kann sie das Pandemiegeschehen beeinflussen? Das ist vorerst alles andere als klar.

Neues Jahr, neue Variante: Die Grafik zeigt die Entwicklung der Infektionen in den USA, die durch XBB.1.5 ausgelöst werden. In der ersten Jännerwoche waren bereits knapp 30 Prozent dadurch verursacht.

Erwiesen ist, dass XBB.1.5 eine Mutation mit der Bezeichnung F486P im Spike-Protein aufweist – in jenen „Stacheln“ auf der Virushülle, mit denen das Virus über sogenannte ACE-2-Rezeptoren an den menschlichen Körper andockt. Veränderungen in diesen Bereichen sind immer heikel und von besonderer Bedeutung, und im konkreten Fall besteht bereits die Vermutung, dass diese Mutation es dem Virus erleichtern könnte, in humane Körperzellen einzudringen – was hieße, dass wir uns leichter infizieren können. „Das könnte ein weiterer Boost sein, der dem Virus bei der Verbreitung hilft“, urteilte eine Expertengruppe aus Seattle. Weitere Mutationen im Spike-Protein könnten die neue Variante außerdem dabei unterstützen, der Immunantwort zu entkommen.

Heißt das, dass wir zwangsläufig mit neuen Infektionswellen rechnen müssen? Keineswegs. Die meisten Forschenden sind mit diesbezüglichen Prognosen im Moment noch zurückhaltend. Denn einerseits besitzt XBB.1.5 zwar Eigenschaften, die neue Wellen begünstigen können, andererseits ist die Ausbreitung derzeit noch langsamer als einst bei den frühen Omikron-Varianten. Und vor allem: Immer mehr Menschen sind geimpft, und immer mehr haben eine Infektion durchgemacht – unsere Fähigkeit, mit dem Coronavirus zurechtzukommen, ist schlicht nicht mehr mit den Frühphasen der Pandemie vergleichbar.

So gut wie sicher ist freilich vor allem eines: XBB.1.5 wird gewiss nicht die letzte Virusvariante gewesen sein, die Evolution schreitet weiter voran.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft