Dieses Experiment kann unser Leben verändern

Mit CRISPR/Cas9 ist es einfacher denn je DNA zu verändern, nun wird die Methode erstmals an Menschen getestet.

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Das Experiment, das diesen Monat in China beginnt, ist nicht weniger als einer der Meilensteine in der Medizingeschichte. Wissenschafter wollen mithilfe der sogenannten "Genschere" CRISPR/Cas9 Zellen von Menschen genetisch verändern.

Was ist CRISPR/Cas9?

CRISPR/Cas9 ist eine Methode um DNA gezielt zu schneiden und zu verändern. Das verwendete Cas9-Protein enthält eine RNA-Sequenz, die dazu passende DNA-Sequenzen binden und anschließend entfernen kann. Diese RNA-Sequenz kann von Forschern nun beliebig variiert werden, so können sie bestimmen, an welcher Stelle ein DNA-Strang zerschnitten wird. Es können auch komplette Gene ausgetauscht werden und das relativ effizient und preiswert im Vergleich zu bisherigen Methoden.

Ist das nicht gefährlich?

Potenziell ja, denn es wäre auch möglich genetische Änderungen vorzunehmen, die weitervererbt werden. Viele Wissenschafter machen sich sorgen, dass ethische Bedenken aufgrund der schnellen Entwicklung zu kurz kommen. Bereits im April vergangenen Jahres nahmen chinesische Wissenschafter Änderungen an Genen in menschlichen (aber nicht lebensfähigen) Embryos vor, mit wenig Erfolg. Trotzdem könnte die Technik irgendwann so weit entwickelt sein, dass zum Beispiel Erbkrankheiten auf Dauer aus dem Erbgut entfernt werden können und auch nicht an Kinder und Kindeskinder weitergegeben werden.

Die Möglichkeit Erbgut zu editieren bietet natürlich Raum für vielfältige Gedankenspiele. So könnte es eines Tages möglich sein, Menschen mit erwünschten positiven Eigenschaften auszustatten, solange die auslösende Gensequenz dafür bekannt ist. Hier tauchen zahllose ethische Dilemmas auf. Wo zieht man die Linie zwischen Prävention und Verbesserung? Wie geht man mit Erbkrankheiten um, die das Leben der Träger zwar beeinflussen, ihr Leben aber nicht verkürzen, wie Kleinwüchsigkeit? Die Erfinder von CRISPR haben sich gegen eine weitere Forschung an menschlichen Embryonen ausgesprochen, solange diese ethischen Fragen nicht geklärt sind: "Genveränderte Menschen sind noch nicht real, aber sie sind keine Science-Fiction mehr", warnt Jennifer Doudna auf einer TED-Konferenz.

Was passiert bei diesem Experiment?

Das Team um den Onkologen Lu You (Sichuan-Universität) will Patienten mit Lungenkrebs, der bereits gestreut hat, behandeln. Sowohl Chemotherapie und Bestrahlung als auch andere Behandlungsformen sind bei allen Teilnehmern gescheitert.

Lu Yous Team will die Immunzellen (T-Zellen) aus dem Blut dieser Patienten extrahieren und diese mittels CRISPR/Cas9 verändern. Das Gen für ein Molekül namens PD-1 soll entfernt werden. PD-1 ist ein Rezeptor auf der Zelloberfläche der T-Zellen. Viele Tumore produzieren einen Stoff, der diese Rezeptoren nützt, um die T-Zellen inaktiv zu machen. Die genveränderten T-Zellen sollen anschließend im Labor vermehrt werden und schließlich in den Blutkreislauf der Patienten rückgeführt werden.

Ziel ist, die T-Zellen dazu zu bringen, Krebszellen anzugreifen und den Krebs zu vernichten. Im schlimmsten Fall greifen die T-Zellen aber auch andere Zellen an und es kommt zu einer schweren autoimmunen Reaktion. Einflüsse auf Nachkommen sind hierbei jedoch ausgeschlossen, da die Veränderungen nicht die Keimbahn betreffen.