Feldmarschall Josef Graf Radetzky

Feldmarschall Radetzky: Österreichs Nationalheld als Mörder und Kriegsverbrecher

Joseph Graf Radetzky gilt in Österreich als Held. Heute würde man ihn als Kriegsverbrecher anklagen: In Italien ließ er grausame Gemetzel unter Zivilisten anrichten.

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Kämpfen oder die Waffen strecken? Die führenden Bürger der Stadt Asolo, nördlich von Padua, berieten darüber am 18. April 1848. Jene Wochen waren eine chaotische Zeit, geprägt von Unruhen und Gewalt. Die Revolution hatte, ausgehend von Frankreich, wichtige Metropolen Europas erfasst. In Norditalien flammten Proteste gegen die damals über die Lombardei und Venezien herrschenden Habsburger auf. Mailand rebellierte gegen die Österreicher, Venedig hatte die Republik ausgerufen.

Im fernen Wien, von den März-Revolten ebenfalls erschüttert, fürchteten die Bürokraten unter dem kaum 18 Jahre jungen Kaiser Franz Joseph um die Kontrolle über ihre Einflussgebiete und den Bestand ihres Reiches. Sie schickten das Militär, um die Aufstände niederzuschlagen.

Nun debattierten die Würdenträger in Asolo, wie man sich gegenüber den anrückenden Truppen verhalten sollte. Die Stadt mit heute knapp 9000 Einwohnern, die für malerische Gassen und guten Prosecco bekannt ist, wäre von ihrer massiven Festung komfortabel zu verteidigen gewesen. Doch besonnene Bürger wandten ein: Man bedenke, was kürzlich in Castelnuovo geschehen sei.

Was sich in dem Ort am Gardasee am 11. April zugetragen hatte, überliefern die Ortschroniken: Österreichs Soldaten fielen ein, brannten das Dorf nieder und mordeten wahllos unter der Zivilbevölkerung. 113 Frauen, Männer und Kinder starben in dem Gemetzel. Würde Asolo das gleiche Schicksal treffen, sollte sich die Bevölkerung wehren? In der folgenden Abstimmung sprachen sich 39 Bürger dafür aus, sich zu ergeben, zehn stimmten dagegen.

Alwin Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft