Schweineembryo

Menschenherz im Schweine-Embryo: Warum Forschende Mischwesen erschaffen

Chinesische Forschende ließen menschliche Herzzellen in Schweineembryos wachsen. Wie unheimlich sind solche Mensch-Tier-Schimären?

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Den Anfang bildete ein kleines Häufchen Gewebe, bestehend aus gerade einem Dutzend Zellen. Es war der Beginn des Wachstums eines Schweineembryos (Bild oben). Was anschließend geschah, wich jedoch erheblich von der üblichen Entwicklung ab: Zum einen reiften die Embryonen zunächst im Labor heran, wobei Forschende, zweitens, bestimmte Gene ausschalteten, die normalerweise an der Ausformung des Herzens beteiligt sind.

Denn das Team der Chinesischen Akademie der Wissenschaften wollte kein herkömmliches Schweineherz wachsen lassen. Statt dessen verfolgte es ein Ziel, das soeben das Fachjournal „Nature“ beschrieb: Im Schweineherz sollte sich menschliches Herzgewebe ausprägen.

Genetisches Design

Dazu benutzte die Wissenschaftergruppe humane Stammzellen – jene frühen, gleichsam jungfräulichen Zellen, aus denen sich grundsätzlich verschiedenste Arten von Organgewebe entwickeln können. Der Biologe Lai Liangxue und seine Kollegen „programmierten“ die Stammzellen neu, indem sie unter anderem Gene einbrachten, die das Wachstum befördern und den Zelltod verhindern. Zweck war, die Zellen so zu gestalten, dass sie im Schweineorganismus überleben und wachsen können.

Das Experiment mag für manche Menschen faszinierend klingen, für andere vielleicht eher unheimlich. In jedem Fall scheint der Versuch geklappt zu haben – zumindest, wenn man dem Bericht des chinesischen Forschungsteams Glauben schenkt. Dessen Angaben zufolge entwickelten sich die menschlichen Zellen im Schweineembryo 21 Tage lang, bis zu einer Dimension, die ungefähr der Größe einer Fingerspitze entsprach. Unabhängig begutachtet in Form der obligaten Peer Review ist die Arbeit allerdings noch nicht.

Forscher, die Mensch-Tier-Schimären entwickeln, lassen menschliche Zellen in tierischen Embryos wachsen, um eines Tages Tiere mit menschlichen Organen zu erzeugen, die in Menschen transplantiert werden können.

Fachjournal „Nature“

Lassen sich die Behauptungen der chinesischen Forschenden bestätigen, bedeutet dies: Im Schwein reifte ein menschliches Herz im Frühstadium heran, das sogar zu schlagen begann. Dass es tatsächlich die humanen Zellen waren, die dieses junge Herz bildeten, wussten die Forschenden, weil sie die Zellen zuvor mit einer luminiszierenden Substanz präpariert hatten. Deren Leuchten verriet, um welche Zellen es sich handelte.

Abhilfe bei Organmangel

Warum aber stellt man solche sogenannten Mensch-Tier-Schimären her, also Mischwesen, bei denen menschliche Zellen in einem tierischen Embryo heranwachsen? Es geht dabei nicht nur um das Ausloten des technisch Machbaren, sondern um das Herstellen von Organen, die für Transplantationen verwendet werden. Besonders dann, wenn Knappheit von Spenderorganen herrscht, könnte die Organzüchtung in Tieren nützlich und grundsätzlich lebensrettend sein. Schweine gelten aufgrund ihrer Größe und Anatomie als besonders gut geeignet. In ihnen wurden experimentell bisher auch schon andere Gewebearten erzeugt, beispielsweise Muskelzellen und Blutgefäße. Die chinesischen Forschenden hatten zuvor bereits mit Nierenzellen gearbeitet.

Wie belastbar ihre Ankündigungen nun sind, muss sich erst zeigen. Genaueres wird man wissen, sobald Fachkollegen in aller Welt die Möglichkeit haben, die Daten der Studien im Detail zu analysieren.

Alwin Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft