The Making of Doku Umarow

Terror in Russland: The Making of Doku Umarow

Russland. Der Werdegang des Terror-Bosses, der es auf die Olympischen Spiele von Sotschi abgesehen hat

Drucken

Schriftgröße

Wer sich zu Selbstmordanschlägen wie jenen am vergangenen Wochenende in Wolgograd bekennt, wo am Hauptbahnhof beziehungsweise in einem Linienbus über 30 Menschen starben, darf nur einen sicheren Platz haben: den auf einer Terror-Liste. Doku Chamatowitsch Umarow, 49, Absolvent eines Ingenieursstudium an der Uni Grosny, trägt die Kennung „QI.U.290.11“ in der UN-Auflistung von Personen, die mit der Terror-Organisation Al Kaida in Verbindung stehen. Von den Behörden der Russischen Föderation wird Umarow seit dem Jahr 2000 gesucht, das US-State-Department fahndet seit Mai 2011 nach dem islamistischen Terror-Boss.

Die Attentate von Wolgograd, die als Attacke auf die bevorstehenden Olympischen Spiele in Sotschi gedacht sind, waren nicht die ersten, für die Umarow die Verantwortung übernahm. 2010 sagt er in einem Video, er habe den Befehl zu einem Doppel-­Attentat in der Moskauer U-Bahn gegeben, bei dem 39 Menschen starben.

Doch es gab eine Zeit, in der Doku Umarow, der „Emir des Kaukasus-Emirats“, ein Unabhängigkeitskämpfer war, der Attacken auf Zivilisten und terroristische Methoden verurteilte, und nicht für einen islamischen Gottesstaat kämpfte, sondern für eine Republik Tschetschenien. Der Weg zum blutrünstigen Islamisten war lange – und dass Umarow ihn zurückgelegt hat, liegt nicht allein in seiner Persönlichkeitsstruktur. Vielmehr taten die russischen Regierungen seit den 1990er-Jahren alles, um das anfangs zivilisierte Unabhängigkeitsstreben der Tschetschenen in ein kriegerisch-kriminelles Projekt zu verwandeln. Der Wunsch nach Autonomie wurde mit dem Einmarsch der Armee beantwortet, säkulare Sezessionisten den Dschihadisten in die Hände getrieben.

Doku Umarow war einst Vorsitzender des Tschetschenischen Sicherheitsrates unter Präsident Aslan Maschadow und weit entfernt vom Islamismus. Er bezeichnete sich als Anhänger des Sufismus, einer spirituellen Form des Islam, und dementiert Verbindungen zum internationalen Dschihad.

Doch im Kampf gegen das von Moskau eingesetzte Regime von Ramsan Kadyrow, das für seine Menschenrechtsverletzungen berüchtigt ist, suchte Umarow nach Unterstützung – und fand sie bei den Geldgebern des internationalen Dschihad. Anstatt wie 2004 die Geiselnahme von Beslan, bei der hunderte Zivilisten ums Leben kamen, zu verurteilen, kündigt Umarow heute an, den Krieg in die russischen Städte zu tragen und die Abhaltung der Olympischen Spiele mittels Terror verhindern zu wollen.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur