Wer den Aufbau der Organisation und die bisherigen Aktivitäten bezahlt hat, möchten Sie nicht sagen?
Moore
Es gibt ein paar andere Staaten, die in der Anfangsphase involviert waren – Israel gehört nicht dazu – und die Geld für Lebensmittel zur Verfügung gestellt haben. Aber es liegt an ihnen selbst, ob sie das öffentlich machen wollen.
In Ihrem Info-Folder heißt es, Sie seien „unabhängig von allen politischen Körperschaften“. Was bleibt von dieser Unabhängigkeit, wenn Sie möglicherweise zur Gänze von einer oder mehreren Regierungen finanziert werden?
Moore
Das ist nicht der Fall. Wir sind unabhängig, wir sind nicht der Arm einer Regierungsorganisation, wir stehen nicht unter der Kontrolle einer Regierung.
Zu welchem Zweck wurde die GHF gegründet?
Moore
Unsere Mission ist, die Leute im Gazastreifen zu versorgen. Zudem geht es uns darum, ein systemisches Problem der humanitären Infrastruktur zu lösen: dass Hilfsgüter in die falschen Hände gelangen. Das ist viel weiter verbreitet, als die Leute annehmen. In Gaza etwa gerieten Hilfsgüter massenhaft unter die Kontrolle der Hamas.
Die Hilfsorganisationen, die lange Zeit in Gaza tätig waren, bestreiten, dass dies in einem großen Ausmaß geschehen sei.
Moore
Darüber ist ein Streit entbrannt. 130 NGOs haben die Auflösung der GHF gefordert. Sie behaupten, es habe davor 400 Verteilungsstellen für Lebensmittel gegeben, die durch unsere vier ersetzt worden seien. Das ist aus zwei Gründen irreführend. Erstens stammt diese Zahl von 400 aus der Zeit vor dem 7. Oktober 2023 (dem Tag der Terrorangriffe der Hamas, Anm.). Nach nunmehr 19 Monaten eines zerstörerischen Krieges existiert diese Infrastruktur ganz einfach nicht mehr. Zweitens bemächtigte sich die Hamas der Hilfsgüter. Sie verwendete sie für sich selbst oder verkaufte sie weiter und missbrauchte sie als Werkzeug zur Unterdrückung.
Bewohner des Gazastreifens sagen, dass sie früher besser versorgt waren. Das World Food Programme etwa lieferte Mehl an 25 Bäckereien, und die Leute konnten über Gemeinschaftsküchen Brot bekommen. Welchen Einwand haben Sie dagegen?
Moore
Wir sind dafür, dass es in Gaza so viel Hilfe wie möglich gibt.
Sie nennen Ihre vier Zentren in Gaza „sichere Verteilungszentren“. Aber nie zuvor gab es rund um die Lebensmittelverteilung so viele Opfer.
Moore
Das ist Teil der Desinformationskampagne, mit der man versucht, uns zum Aufhören zu zwingen. Wir leugnen nicht, dass es zivile Opfer im Gazastreifen im letzten Monat gab, und manche dieser Opfer waren in unmittelbarer Nähe unserer Hilfszentren. So wie das allerdings dargestellt wird, ist es nichts anderes als Desinformation. Das Hamas-Gesundheitsministerium veröffentlicht Opferzahlen, die dann dem GHF zugeschoben werden. Das ist einfach nicht wahr. Wir hatten keinen einzigen gewaltsamen Vorfall in unseren Zentren.
Allerdings in unmittelbarer Umgebung.
Moore
Wir haben keine zivilen Opfer in der Nähe unserer Zentren gesehen. Die IDF sind die professionelle Militärmacht, die den Gazastreifen kontrolliert. Wir überwachen nur, was in unserem Bereich passiert.
Eine Familie aus der Stadt Deir al-Balah im Gazastreifen erzählte profil, dass sie Angst hat, den mehr als zehn Kilometer weiten Weg bis zu einem der Verteilungszentren zu gehen. Können Sie das verstehen?
Moore
Ja, wir müssen mehr Zentren eröffnen, das ist unser Ziel. Wir wollen von vier auf acht Zentren aufstocken. Die Desinformationskampagne gegen uns macht eine Expansion schwieriger. Wir wollen die anderen Hilfsorganisationen nicht ersetzen.
Genau das passiert jedoch. Glauben Sie nicht, dass die GHF von der israelischen und der US-Regierung, die sich der unliebsamen UN-Organisationen und NGOs entledigen wollen, als politisches Werkzeug missbraucht wird?
Moore
Jeder Akteur außer uns agiert hier politisch. Die ganze Debatte ist politisch. Als Außenministerin Beate Meinl-Reisinger Israel besuchte, kritisierte sie die GHF als „unzuverlässig“. Sie hat meines Wissens nie versucht, mit uns Kontakt aufzunehmen. Meine Vermutung ist, dass ihre Kritik damit zusammenhängt, dass Österreich einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat anstrebt. Ich bin mir sicher, dass die UN hinter den Kulissen eine Boykott-Kampagne gegen uns führen. Aber wenn die österreichische Kritik an uns politisch motiviert war, dann war es eine Fehlkalkulation, denn die US-Botschaft bei den Vereinten Nationen unterstützt uns ebenso wie unser Außenminister Marco Rubio.